Die SVP möchte traditionellen Familien mehr Gewicht verleihen. Geht es nach der Partei, soll Paaren ein zusätzlicher Steuerabzug für die Eigenbetreuung der Kinder gewährt werden. Die traditionellen Familien sollen so den arbeitstätigen Paaren gleichgestellt werden. Letztere können Fremdbetreuungskosten bei der direkten Bundessteuer abziehen, maximal 10'100 Franken pro Kind. Die Abzüge in den Kantonen variieren.
Schon im Nationalrat lieferten sich die Parlamentarier diese Woche einen emotionalen Schlagabtausch. Auch bei der Debatte in der «Arena» zeigte sich: Es geht um mehr als Steuergelder. Es geht um Werte und unterschiedliche Familienbilder.
Vorwurf: SVP spiele mit verdeckten Karten
Carmen Walker Späh, Präsidentin FDP-Frauen Schweiz, machte gleich zu Beginn der «Arena» klar: Die Vorlage der SVP wolle in Wahrheit den Fremdbetreuungsabzug bei den Steuern, den man 2011 eingeführt habe, wieder abschaffen. «Und jetzt will die SVP die Mütter mit 1,4 Milliarden Franken subventionieren. Das ist steuertechnisch ein Unsinn.» Die SVP wolle in Wahrheit Frauen zurück an den Herd bringen, so Walker Späh.
SVP-Nationalrat Alber Rösti (BE) widersprach: «Die Lösung der SVP ist gerecht.» Man habe 2011 nur einem Familien-Modell einen Abzug gewährt. Die SVP habe schon damals eingebracht, dass dieser Abzug allen Familien zugutekommen muss. «Nun wollen wir etwas korrigieren, das einseitig ausgestaltetet wurde», so Rösti.
Marianne Binder, Kommunikationschefin CVP, warf ein, die SVP habe die externe Kinderbetreuung schon immer in Frage gestellt.
Steuer-Abzug ist für arbeitende Frauen
SP-Nationalrat Beat Jans (BS) stellte klar: «Der Abzug ist nicht für Kindererziehung. Der Abzug ist da, dass Frauen arbeiten können.» Frauen müssten sich auch heute überlegen, ob sich Arbeit für sie überhaupt lohne. «Es gibt Rechnungsmodelle, bei denen am Schluss nichts mehr vom Lohn der Frau übrig bleibt», so Jans.
«Sind Kinder ein Armutsrisiko?» fragte der Moderator in die Runde. Albert Rösti von der SVP präzisierte: «Wir stellen Familien-Abzüge bei den Steuern nicht in Frage, sondern wir wollen eine Gleichberechtigung der Modelle.» Das heutige Modell sei ein Anreiz für Familien, sich vom traditionellen Familienmodell zu verabschieden.
Vorwurf: Giesskannenprinzip für Familien
Walker Späh von der FDP warf ein, der Vorschlag der SVP folge einem Giesskannen-Prinzip. «1,4 Milliarden Franken: Wie holen wir das Geld wieder rein?» In der Schweiz würde zunehmend alles reguliert, vor allem von den linken Kräften. «Jetzt kommt auch noch die SVP und will Familien subventionieren.» Der Staat habe dem Bürger nicht zu diktieren, was eine gute oder eine schlechte Mutter sei. Der Staat habe sich neutral zu verhalten und Steuern sollten ebenfalls neutral sein, so Walker Späh.
Rösti von der SVP pflichtete Walker Späh bei: «Einverstanden, der Staat soll sich nicht einmischen.» Aber die staatliche Intervention habe nun mal stattgefunden, aber nur auf der einen Seite. Und: «Wir werfen nicht 1.4 Milliarden Franken hinaus. Die Initiative will ausschliesslich, dass wir den gleichen Steuer-Abzug für alle wollen, für Familien mit Fremd- und Eigenbetreuung.» Es sei übrigens Sache der Kantone, wie hoch diese Abzüge sein sollten. «Die 1,4 Milliarden Franken sind hypothetisch.»
CVP will Familien mehr Wert geben
Binder von der CVP meinte: «Wenn jemand Kinder zuhause betreut, dann hat das auch einen Wert. Über den Wert kann man diskutieren.» Familien müssten für die Eigenbetreuung besser honoriert und die Leistungen zuhause anerkannt werden, so Binder. Sie betonte aber, sie sei für die Wahlfreiheit der Familien.
SP-Nationalrat Jans konnte diese Haltung nicht verstehen: «Die Initiative ist ein sehr teures Geschenk. Es geht hier um Steuerabzüge: Die Hälfte der Familien in der Schweiz hat so wenig Geld, dass sie gar keine Steuern bezahlen.» Diese Familien würden also von dieser Initiative gar nicht profitierten. Und bei der anderen Hälfte sei es gerade noch ein Viertel, die das traditionelle Herdmodell habe. «Das heisst: Wir machen hier eine Familienpolitik mit 1,4 Milliarden Franken, bei der nur eins von zehn Kindern profitieren würde», so Jans.