Die Schweiz versucht seit Jahren das Littering zu minimieren. Damit ist das Wegwerfen von Abfall gemeint. Eine Massnahme: die Abfallsünder büssen. Für Ursula Wyss, Gemeinderätin der Stadt Bern (SP), sind Bussen jedoch nur ein Teil der Lösung. Denn selbst dort, wo Bussen eingeführt wurden, seien die Abfallberge in Parks und Strassen nicht kleiner geworden.
Illusionen solle man sich jedoch keine machen. Nur mit Bussen lasse sich das Abfallproblem nicht lösen.
Ein Polizist müsse den Verursacher klar ausfindig machen, damit eine Busse verteilt werden könne, hält Ursula Wyss fest. Wolle man jeden büssen, würde dies einen massiven Polizeieinsatz erfordern. Der Abfall selbst koste Städte und Gemeinden 150 Millionen Franken.
Situation vor Ort betrachten
Bastien Girod, Nationalrat Grüne/ZH ist der Meinung: «Die Situation mit dem Müll hat sich verschlechtert.» Und er bestätigt: Bussen allein genügten nicht. Es sei unmöglich, hinter jedem Busch einen Polizisten zu stellen, der Abfallsünder in flagranti erwische. «Viele Leute die Abfall wegwerfen, sind sich nicht bewusst, dass sie was Schlimmes machen.» Geputzt werde ja so oder so.
Gregor Rutz, Präsident «IG Freiheit», meint, Bussen dienten dazu, Regeln durchzusetzen. Wichtiger sei aber: mit den Leuten reden, mit Wirtschaft, Verbänden und Unternehmen reden. Und die Situation vor Ort anschauen. «In Bern gibt es momentan eine regelrechte Flut von Vorstössen», sagt Rutz. Seine Meinung: Es gebe schon genug Gesetze.
Littering-Experte Till Berger zeigt sich wenig überzeugt von der Effizienz von Bussen. Zahlen und Tatsachen würden zeigen, dass Bussen nicht viel bringen. Sensibilisierung könne ein Teil der Lösung sein.
Kontakt suchen
Effizienter sei, den Kontakt mit den Verantwortlichen zu suchen, sagte Jugendarbeiter Philipp Frei (EVP/SO). Die Brennpunkte sien bekannt: Unter anderem rund um die Bahnhöfe oder um die Restaurants von McDonalds. «Wenn man den Jugendlichen jeglichen öffentlichen Raum wegnimmt, muss man sich zudem nicht wundern, wenn der Abfall überall herumliegt», so Frei.
Ab zum «fötzelen»
Müll sei nicht nur wegen der Kosten ein Problem der Gesellschaft, so Nora Steimer, Geschäftsführerin «IG saubere Umwelt». Die Müllmengen würden auch die Lebensqualität einschränken. Die hohen Kosten und die Finanzierung in der Abfallentsorgung seien Angelegenheit der Politik. Um das Problem aber an den Wurzeln zu packen, müsse man die Bevölkerung sensibilisieren.
Was also kann man nun tun gegen das Littering? Der Aargauer Nationalrat Bernhard Guhl (BDP) regt an, man solle – inspiriert von der Schulzeit – Abfall-Sünder zum «fötzelen» schicken.
Wenige schwarze Schafe genügen
Sensibilisierungskampagnen seien aber nur begrenzt wirksam, argumentiert Ursula Wyss. Auch wenn sich 90 oder 95 Prozent der Menschen an die Spielregeln hielten; einige wenige Ausnahmen würden ausreichen, um Plätze und Parks zuzumüllen.
Über eine Massnahme im Kampf gegen den Müll herrschte Einigkeit in der «Arena»: dem Pfand. «Ein Pfand hat seine Berechtigung, insbesondere bei Festivals. «Es löst aber das Litteringproblem nicht», ist Wyss der Meinung. Gregor Rutz pflichtet ihr bei.
«Unsere Wirtschaft produziert für die Müllhalde», konstatiert Girod abschliessend. Darum brauche es Änderungen in der Wirtschaft. Er fordert eine «grüne Wirtschaft», «eine Kreiswirtschaft», in der Abfall entweder zu 100 Prozent rezyklierbar oder biologisch abbaubar ist.