In der Gesprächsrunde der «Arena» äussern sich Gäste und die Experten betroffen über die Situation der Flüchtlinge, die Europa auf Booten und Schiffen zu erreichen versuchen und dabei das Leben riskieren.
Daniel Vischer sieht diesen Flüchtlingsstrom als eine Katastrophe, die vorhersehbar war. «Es ist zum Teil die Folge von Schlepperbanden.» Aber es sei zu einfach, alles nur auf diese Schlepper zurückzuführen.
Fischer kritisiert aber auch, dass es das Resultat der «Festung Europa» sei und der Umstand, dass die Flüchtlinge keine andere Möglichkeit haben, einen Weg in die Sicherheit zu finden.
Die grossen Opferzahlen im Mittelmeer sind auch für Hans Fehr eine gewaltige Tragödie. Es müsse aber weiter gedacht werden, warum und wie diese Leute hierher kommen. Dahinter stehe eine Schlepper-Industrie, die zerstört werden müsse.
Mit vereinten Kräften alles machen, dass die Menschen gar nicht aufs Mittelmeer gehen. Einfach nur Retten löst das Problem langfristig nicht.
Doris Fiala weist darauf hin, dass es das Problem schon seit mehreren Jahren gebe. Aber es sei heute stärker sichtbar. Auch 2014 seien insgesamt 210‘000 Menschen übers Mittelmeer gekommen und 3500 Menschen seien damals ertrunken.
Für den Schriftsteller Lukas Bärfuss sind diese Leute Helden, die diesen Weg über das Mittelmeer wagten. «Sie sind Helden, weil sie für etwas einstehen, für ein Ideal, das ich teile und auch unsere Gesellschaft teilt, nämlich das Ideal, dass man sich mit seinem eigenen Schicksal nicht einfach abfindet.»
Noch mehr Menschen retten finde ich gut. Und eine Willkommens-Mentalität finde ich etwas Schönes.
Ob es wirklich Helden seien, daran zweifelt Fehr. Für ihn ist es eher Verzweiflung und ein grosser Teil die Perspektivlosigkeit in Afrika, vor allem für junge Männer. «Ich würde wohl auch versuchen, in Richtung Europa zu kommen. Das ist aber nicht die Lösung.»
Rückführung und Entwicklungshilfe
Fehr ist in diesem Punkt sehr pointiert: «Wir müssen dafür sorgen, dass diese Lotterkähne zurückgeführt und allenfalls zerstört werden. In einer zweiten Phase muss im Herkunftsland in die Entwicklungshilfe investiert werden, und da leistet die Schweiz überdurchschnittlich viel.»
Fischer legt Wert auf die Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Leuten, die aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa kommen.
«Es ist eine Fehleinschätzung, dass eine grosse Mehrheit Wirtschaftsflüchtlinge sind.» Denn die Mehrheit seien Frauen und Kinder aus Syrien, Eritrea, Nigeria und Mali.
Lösungen nur vereint mit der EU
Am Experten-Pult hat Yemane Yohannes Platz genommen. Er war 2008 aus Eritrea über verschiedene Länder mit einem Boot nach Europa gekommen. Und die Erinnerungen verfolgen ihn bis heute: «Wenn du in das Boot einsteigst; da ist nur Angst und Frustration bis du Land siehst. Ich erinnere mich noch ständig an diese Überfahrt.»
Neben Yohannes sitzt Eduard Gnesa, Sonderbotschafter für Internationale Migrationszusammenarbeit im Aussendepartement. Auch für den langjährigen Migrationsexperten ist es eine absolut inakzeptable Situation, was sich derzeit abspielt. «Yemane Yohannes ist hier, weil er Glück gehabt hat – nur deswegen.»
Früher habe es nie solche Katastrophen gegeben, nur wenige tausend Kilometer von uns entfernt. Der Bundesrat habe bereits Entscheide gefällt zur Verbesserung der Situation. Aber es gehe nur im Verbund mit den EU-Staaten gemeinsam. «Die Schweiz allein kann dieses Problem nicht lösen», meint Gnesa.
Dass die Schweiz nicht alle Flüchtlinge auf einmal aufnehmen kann, ist dem Eritreer Yohannes völlig klar. Aber es gebe sehr wenige, die Asyl nur aus wirtschaftlichen Gründen beantragten. Der Hauptgrund sei die schwierige Sicherheitslage der Betroffenen.