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Schweiz Auch Fachhochschulen wollen Doktortitel vergeben

Das klingt nach einem Machtkampf zwischen den verschiedenen Hochschultypen: Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen wollen dieselben Abschlüsse und Diplome anbieten wie Universitäten. Doch wer darf wo den Doktor machen?

Die Universitäten sind der noble Ort der Wissenschaften – sie bilden den wissenschaftlichen Nachwuchs aus. Und nur sie dürfen Doktorarbeiten, so genannte Dissertationen, annehmen. Das unterscheidet sie und hebt sie auch ab von den Fachhochschulen und den Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz. Nun wollen aber auch diese das Promotionsrecht erhalten.

Christian Wasserfallen ist FDP-Nationalrat und Präsident von FH Schweiz, der Dachorganisation der Fachhochschulen. Am Freitag trafen sich die Delegierten in Zürich. Gleich zu Beginn verabschiedeten sie ein Positionspapier: «Wir fordern ein Promotionsrecht an den Fachhochschulen», erklärte Wasserfallen. Damit dürften Fachhochschulen zum Beispiel ein PHD oder einen Doktortitel anbieten.

Wasserfallen möchte dabei bewusst zwischen Dissertationen an Unis und solchen an Fachhochschulen unterscheiden. So soll die Promotion an der Fachhochschule praxis- und berufsbezogen sein. «Es kann nicht sein, dass man versucht, einen universitären Doktortitel zu imitieren. Man muss ein eigenständiges Profil haben.»

Kritik an «unwürdiger Praxis»

Herrmann Forneck ist Rektor der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz und fordert auch für PHs das Promotionsrecht. Seine Studierenden forschen unter anderem zu Fragen des Lernens und der Bildung. PH-Absolventen könnten dabei sehr wohl eine Dissertation schreiben. Sie dürfen diese aber nicht bei den eigenen Experten einreichen, sondern müssen sich an eine Universitäts-Professor wenden.

Das sei unwürdig: «Der universitäre Kollege muss als Strohmann fungieren. Und unser Experte, der die ganze Arbeit macht, darf öffentlich gar nicht auftauchen. Und so ist es für beide eigentlich ein unmöglicher Zustand.» So könne man keine Hochschulentwicklung betreiben, ist Forneck überzeugt.

Bund will nichts übers Knie brechen

Beim Bund zuständig für die Bildung ist Staatssekretär Mauro Dell'Ambrogio. Er habe Verständnis für die Forderungen, aber die Frage sei politisch noch nicht reif für eine Antwort. Er spricht von einer Übergangsphase.

Ehrendoktor-Doplom für den verstorbenen Swatch-Gründer Nicolas Hayek, 1996 an der Uni Neuenburg.
Legende: Ein Privileg der Universitäten: Nur sie dürfen die Doktorwürde verleihen (Ehrendoktor für Swatch-Gründer N. Hayek, 1996) Keystone

Dell'Ambrogio befürchtet wohl, dass eine öffentliche Diskussion die Fronten verhärten könnte. Hinter den Kulissen machen sich aber auch seine Leute Gedanken. Denn im nächsten oder übernächsten Jahr tritt das neue Hochschulgesetz in Kraft. Dann muss über das Promotionsrecht entschieden werden.

Werden Fachhochschulen also dereinst das Promotionsrecht haben? Dell'Ambrogio ist skeptisch: «Nach dem heutigen Verständnis der Hochschultypen: Eher nein.» Aber niemand könne ausschliessen, dass mittel- und langfristig für bestimmte Studiengänge ein begründetes Bedürfnis zu Ausnahmen führen könnte.

Universitäten pochen auf ihr Privileg

Diese Aussage dürfte vor allem die Universitäten freuen. Sie haben heute das alleinige Promotionsrecht. Und das wollen sie grundsätzlich auch behalten, sagt der Präsident der Universitätsdirektoren, Antonio Loprieno. «Generell finden Schweizer Universitäten, dass das Doktorat eine Eigenschaft der universitären Hochschulen bleiben sollte. Im Sinne einer Überwindung der Engpässe, dort wo es nötig ist, kann man an gemeinsame Doktoratsprogramme zwischen den Universitäten und den jeweiligen anderen Hochschulen denken.»

Speziallösungen ja – beispielsweise eine engere Zusammenarbeit mit Pädagogischen Hochschulen – aber: «Die Verortung der Promotion an sich als Titel sollte unseres Erachtens bei den Universitäten bleiben», sagt Loprieno weiter.

Lorpieno argumentiert, dass das Promotionsrecht für Fachhochschulen die Aufgabenteilung universitärer Ausbildung und Berufsbildung verwischen. Darunter könnte die Qualität der Forschung leiden. Es wird also eine harte Auseinandersetzung werden.

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