«Target Hit» – Ziel getroffen: Ein Scharfschütze des Kommandos «Spezialkräfte» der Schweizer Armee simuliert das Schiessen von der Laderampe eines Helikopters mit seinem Sturmgewehr. Auf der Heli-Basis Alpnach im Kanton Obwalden spielen Piloten der Luftwaffe zusammen mit maskierten Elite-Soldaten die Abläufe für den Luftpolizei-Dienst trocken durch – bevor sie das gleiche in der Luft üben. Erstmals darf sie die «Tagesschau» dabei filmen.
Abschuss muss befohlen werden
Zirka eineinhalb Kilometer über dem Urner See trainieren zwei Helikopter der Armee das Abfangen eines Eindringlings im gesperrten Luftraum. Der «Angreifer» ist ein kleiner Eurocopter der Armee, der «Verteidiger» ein grosser Super Puma, bestückt mit zwei Bordschützen.
Diese sind einerseits mit einer Leuchtpistole für den sogenannten Warnschuss und mit einem modifizierten Sturmgewehr mit Schalldämpfer ausgerüstet. Bevor die Bord-Schützen im Ernstfall scharf schiessen dürfen, müssen sie einen Warnschuss mit der Leuchtpistole abgeben. Den Abschuss als letztes Mittel müsste der VBS-Chef oder das Kommando der Luftwaffe befehlen.
«Wissen genau, wohin sie schiessen müssen»
«Die grössten Gefahren eines Terroranschlages gehen heute von einem fehlgeleiteten Kleinflugzeug, einem Gleitschirm, einem gekaperten Heli oder einer grossen Drohne aus», sagt Divisionär Bernhard Müller Chef «Einsatz der Armee».
Für Kleinstdrohnen unter 30 Kilogramm Gewicht sei nicht die Armee sondern die Polizei zuständig, präzisiert Müller. Man arbeite aber eng zusammen, wie etwa am letzten WEF, als zwei Drohnen im gesperrten Luftraum abgefangen wurden. Die eine gehörte dem britischen Medienunternehmen BBC, die andere einer Delegation aus Asien.
Doch kann ein Bordschütze etwas ausrichten gegen einen anderen Helikopter oder ein anderes Kleinflugzeug, ausgerüstet «nur» mit einem Sturmgewehr? «Das ist die Kernkompetenz dieser Männer. Das sind Scharfschützen, die sehr genau wissen, wohin sie zielen müssen», sagt Müller energisch.
Bewaffnete Helis als internationaler «Standard»
Weil die Helikopter für den bewaffneten Luftpolizeidienst mit offenen Türen fliegen müssen, setzt die Luftwaffe die grossen Transporthelikopter Super-Puma ein. Der kleinere, günstigere Eurocopter hätte zuerst umgebaut werden müssen.
Die grössten Gefahren eines Terroranschlages gehen heute von einem fehlgeleiteten Kleinflugzeug, einem Gleitschirm, einem gekaperten Heli oder einer grossen Drohne aus.
Seit Jahren gibt es eine Diskussion darum, wie die Luftwaffe «langsam fliegende Objekte» oder «Slow Moving Targets» wirksam bekämpfen soll. Die FA-18 Jets sind dafür viel zu schnell, die Pilatus-Trainings-Flugzeuge unbewaffnet. Der neue Einsatz von Helikoptern mit Scharfschützen sei international seit langem «Standard».
«Wir haben hier einen Rückstand aufgeholt, weil wir in der Terror-Diskussion festgestellt haben, dass wir ein bisschen mehr tun müssen», sagt Divisionär Müller.
Konferenzschutz: Ja – Auslandseinsätze: Nein
Mitglieder der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK) des Nationalrates äussern sich positiv zur neuen Aufgabe für die Armee-Helikopter. SVP-Nationalrat Thomas Hurter, SIK-Präsident und ehemaliger Militärpilot, ist überzeugt, dass mit den bewaffneten Helis ein «Lücke» im tieferen Luftraum habe geschlossen werden können.
Auch die ehemalige SIK-Präsidentin, die Zürcher SP-Nationalrätin Chantal Galladé, glaubt, Luftpolizeidienst ohne die entsprechende Bewaffnung sei eine »Illusion«. Die Thurgauer SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher gibt aber zu bedenken, dass sich der Einsatz bewaffneter Helikopter auf den Konferenzschutz beschränken müsse und nicht der erste Schritt für Einsätze im Ausland sein dürfe. Dort müsse man klar «Stopp» sagen.