Aufmerksamkeit um jeden Preis. «Ja, es wurde in den Medien thematisiert, das war auch der Zweck davon», bestätigt Christoph Blocher gleich zu Beginn der Sendung «Schawinski». Der SVP-Übervater hatte vergangene Woche in der «Zürichsee-Zeitung» mit seiner Aussage Aufsehen erregt: «Der Kampf der Medien gegen die SVP erinnert mich in ihrer Radikalität an die Methoden der Nationalsozialisten gegenüber den Juden.»
«Das war keine Grenzüberschreitung», ist der 75-Jährige überzeugt. Die Verunglimpfung der SVP in den Medien habe im Abstimmungskampf rund um die Durchsetzungsinitiative (DSI) ihren Höhepunkt erreicht. «Aber Verunglimpfung ist ja eher Ihre Spezialität», entgegnet ihm Schawinski kritisch. Und er habe ja auch nicht davor zurückgescheut einen draufzusetzen, so der Talkmaster weiter: Statt «Kauft nicht bei Juden», heisse es heute gemäss Blocher in demselben Interview: «Stellt keine SVPler als Uni-Professoren ein».
«Ich habe dies mit Bedacht gesagt», entgegnet ihm Blocher. Schawinski zeigt sich überrascht. Blocher erklärt: «Mörgeli wurde herausgemobbt, wie sonst keine Firma einen Mitarbeiter behandeln würde.»
Blocher und die ausgegrenzten Volksgruppen
Trotzdem sei eine solche Analogie zwischen der Schweiz heute und dem Deutschland der 30er-Jahre nicht akzeptabel, so der Talkmaster. Mörgeli sei ein Einzelfall und nicht zu vergleichen mit den flächendeckenden Berufsverboten gegenüber Juden damals in Deutschland.
«Man nimmt Sie nicht mehr ernst», sagt Schawinski provokant und belegt dies mit einem Beispiel eines Kommentars in der «NZZ». Blocher beharrt. In seinem Interview in der «Zürchsee-Zeitung» habe er erklärt, dass es damals in den 1930ern auch so angefangen habe. Mörgeli sei nur der Anfang. «Es führt zu immer schwierigeren Situationen, wenn man beginnt, eine Volksgruppe auszugrenzen», so Blocher. Dagegen stemme er sich.
Und: «Ich bin auch international besorgt», fährt Blocher mit erhobenem Zeigefinger fort. «Wieso brennt in Deutschland praktisch an jedem Wochenende ein Asylheim?» Er habe dies untersucht: «Wenn eine Politik herrscht, welche gewisse Sachen nicht aufnimmt und ausgrenzt…». «Das heisst, Sie entschuldigen das?», fällt ihm Schawinski ins Wort.
Es führt zu immer schwierigeren Situationen, wenn man beginnt, eine Volksgruppe auszugrenzen.
Jetzt wird es laut: «Jetzt kommen Sie auch noch damit?», ruft Blocher. «Das haben Sie doch gerade gesagt», erwidert Schawinski, «die Politik von Merkel und der SPD sei schuld, dass die Asylheime brennen».
«Wenn Sie einen Teil der Leute ausgrenzen, jagen Sie diese in den Extremismus», versucht Blocher zu erklären. Die SVP komme der grosse Verdienst zu, dass man in der Schweiz diese Probleme nicht hätte.
Die AfD in Deutschland werde auch verunglimpft, so der alt Bundesrat weiter und beginnt lange auszuführen. Die Medien hätten im Zuge der DSI-Kampagne auch bei der AfD gesagt, man solle mit denen nicht über die Sache an sich reden. Schawinski versucht Blochers Ausführungen zu unterbrechen: «Reden halten können Sie an der Albisgüetli-Tagung, das hier ist nicht Tele Blocher, das ist ein Interview.» «Haben Sie mich eingeladen, um etwas zu sagen? Ich kann sonst auch einfach gehen», erwidert Blocher genervt.
Schawinski und die Opferrolle
Die Gemüter beruhigen sich nach einem Schluck Wasser nur kurzzeitig, bevor es wieder laut wird. «Noch schlimmer als die Nazi-Vergleiche ist, dass sich Blocher als Opfer darstellt», sagt Schawinski. Es passe einfach nicht, dass er sich als Chef der grössten Partei und mehrfacher Milliardär als Opfer darstelle. Blocher kontert umgehend: «Ich nehme nur die Leute in Schutz, die da verunglimpft worden sind! Da können Sie sagen, was sie wollen!».
Reden halten können Sie an der Albisgüetli-Tagung, das hier ist nicht Tele Blocher.
«Nazis, Juden, SVP, Opfer. Machen Sie denn auch mal Manöverkritik?», wollte Schawinski letztlich wissen, «sagen Sie auch manchmal, da habe ich einen Seich gemacht?» Bei allen Sachen mache er Manöwerkritik, so Blocher, «aber sicher nicht vor Schawinski, das würde ich nur vor Persönlichkeiten machen, und das sind Sie nicht.» Freunde wurden sie an diesem Abend nicht mehr.