SVP-Nationalrat Christoph Blocher tritt Ende Mai überraschend ab. Für SRF-Bundeshausredaktor Gion-Duri Vincenz ein Entscheid, den er nachvollziehen kann. «Christoph Blocher hat entschieden, sich auf das zu konzentrieren, was er seit 20 Jahren am liebsten macht – nämlich den Kampf gegen den, wie er selber sagt, ‹schleichenden EU-Beitritt›.» Nun werde er dies auch weiterhin als Präsident des Komitees «Nein zum schleichenden EU-Beitritt» tun. Mit der Gründung dieses Komitees ist Blocher derzeit beschäftigt. «Er ist letztlich überzeugt, dass vor allem die Verwaltung in die EU möchte.»
Es werde sich auch nicht viel ändern, wenn Blocher nicht mehr im Parlament sitzt, sagt Bundeshausredaktor Vincenz weiter. Blocher habe sich in den letzten vier Jahren auf seine Auftritte ausserhalb des Parlaments konzentriert.
Auf in die nächste Schlacht
Die Situation, dass Blocher nicht im Parlament sitzt und in den Medien trotzdem präsent ist, sei nicht neu, sagt Vincenz. Nach der Abwahl Blochers aus dem Bundesrat 2007 bis zur Wiederwahl in den Nationalrat 2011 war Blocher offiziell nicht in Bundesbern anzutreffen. Dennoch wurde er ziemlich schnell Vizepräsident der SVP und bald hatte er auch Zugang zu den SVP-Fraktionssitzungen. Eigentlich hatte Blocher 2011 ein Mandat im Ständerat angestrebt – das klappte nicht. So wurde er wieder Nationalrat.
«Für Blocher ist klar: Die ganzen Diskussionen und Entscheidungen rund um das Verhältnis der Schweiz zur EU treten in eine entscheidende Phase», sagt Gion-Duri Vincenz. «Tatsächlich hat Bundespräsident Didier Burkhalter eine Volksabstimmung für ungefähr 2016 geplant, bei der es darum gehen könnte, die Zukunft der Schweiz und der EU aussieht.» Dies sehe Blocher als die nächste Schlacht. Dafür wolle er sich voll einsetzen, an Auftritten ausserhalb des Parlaments. Das Steuer werde aus seiner Sicht herumgerissen, wenn er das Volk auf seine Seite bringe.
Gelangt er an seine Grenzen?
Das Parlament sei aus Blochers Perspektive eh verloren. Für ihn sei dies gesetzgeberische Kleinarbeit, dafür habe er keine Zeit. Tatsächlich fehlte er ja immer schon sehr viel im Nationalrat. Zudem wolle Blocher seine Kräfte bündeln. «Er hat sich 1992 im EWR-Abstimmungskampf schon ziemlich verausgabt und hatte ein Burn-Out. Damals er war allerdings noch voll im Beruf. Unterdessen ist er 74 und seine Kräfte sind schon deswegen nicht unbegrenzt», glaubt der SRF-Korrespondent.
Wäre Christoph Blocher 2011 Ständerat geworden – er wäre heute nicht zurückgetreten. Davon ist Gion-Duri Vincenz überzeugt. Im Ständerat habe man als einzelner Politiker klar mehr Einfluss. Das hätte Blocher gereizt. Auch eine erneute Wahl ins Parlament hat Blocher nicht ausgeschlossen. Vincenz glaubt aber nicht an eine Kandidatur schon 2015: «Da wäre er wenig glaubwürdig.»
Die wichtigsten Stationen in Blochers politischer Laufbahn
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Bild 1 von 10. 1980: Seit einem Jahr ist Christoph Blocher SVP-Nationalrat. Drei Jahre zuvor wurde der 1940 in Schaffhausen geborene Politiker Parteipräsident der Schweizer Volkspartei. Bereits in seiner Jugend nahm er Führungsrollen ein. Während seines Jura-Studiums amtete er als Präsident der juristischen Fachschaft und war Mitglied des Grossen Studentenrates. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 10. 1986: Das Aktionskomitee gegen den UNO-Beitritt der Schweiz nimmt während einer Pressekonferenz in Bern Stellung. Mitglieder sind unter anderen Otto Fischer, Hubert Reymond und und Christoph Blocher (v.l.n.r.). Was sie damals noch nicht ahnen: 16 Jahre später wird die Schweiz schliesslich doch den Vereinten Nationen beitreten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 10. 1987: Blocher, hier bei der Stimmabgabe in Meilen, will für den Kanton Zürich ins «Stöckli». Seine Kandidatur scheiterte an der Mitbewerberin Monika Weber vom Landesring der Unabhängigen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 10. 1992: Blocher, wie er leibt und lebt – mit der «blocherschen» Gestik. Der EU-Gegner setzt sich anlässlich der SVP-Delegiertenversammlung in Zürich gegen den EWR-Beitritt der Schweiz ein. Die Abstimmung gewinnt Blocher mit seiner Partei, die Schweiz geht fortan den Weg der billateralen Verhandlungen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 10. 2003: Christoph Blocher wird mit 121 von 237 Stimmen knapp in den Bundesrat gewählt. Ruth Metzler (CVP) muss ihren Sitz räumen. Die SVP bekommt einen zweiten Bundesratssitz und sprengt die Zauberformel. Blocher übernimmt das Justiz- und Polizeidepartement. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 10. 2003: Ein strahlender Christoph Blocher mit dem VR-Präsidenten der Ems-Gruppe, Dieter Klug, und seiner Tochter Magdalena Martullo-Blocher in Zürich. Fortan leitet sie als VR-Delegierte die Leitung des Unternehmens. Blocher übernahm den Chemiekonzern 1979, nachdem Gründer Werner Oswald überraschend verstarb. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 10. 2007: Vier Jahre später kommt für Christoph Blocher alles anders. Die Ratslinke jubelt, nachdem er als Bundesrat abgewählt worden ist. Des einen Leid ist des anderen Freud. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 10. 2007: Die künftige BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf nimmt ihre Wahl nach eintägiger Bedenkzeit an, Blocher scheidet am 31. Dezember aus dem dem Bundesrat aus. Es war erst das vierte Mal in der Geschichte der Schweiz, dass ein Bundesrat vom Parlament nicht wiedergewählt wurde. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 10. 2011: Bei den Parlamentswahlen bewirbt sich Christoph Blocher im Kanton Zürich sowohl um einen Sitz im Ständerat als auch für einen im Nationalrat. Blocher schafft es in den Nationalrat. Den Ständeratssitz verpasste er aber im ersten und zweiten Wahlgang an dritter Stelle. Bildquelle: Keystone .
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Bild 10 von 10. 2014: Christoph Blocher gibt am 9. Mai in der Sendung Teleblocher seinen Rücktritt aus dem Nationalrat per 31. Mai 2014 bekannt. Auf ihn folgt Thomas Matter. Bildquelle: Keystone .