Wiederholt ist es bei IT-Beschaffungsprojekten des Bundes zu «Unregelmässigkeiten» gekommen. Nun hat es das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) getroffen, wo ein Kadermann unter Korruptionsverdacht steht. Dass die Vergabepraxis noch nicht optimal läuft, wurde mittlerweile erkannt. Doch die teils massgeschneiderten IT-Lösungen bergen immer auch Risiken.
Die Finanzverwaltung des Bundes beispielsweise braucht andere Software als die bundeseigene Forschungsstelle für Landwirtschaft. Solche Softwarelösungen können – wenn überhaupt – oft nur wenige Firmen anbieten. In einigen Fällen muss der Bund die Software sogar selber entwickeln. Er ist deshalb häufig auf einige wenige Informatik-Unternehmen und Spezialisten angewiesen.
Störende Abhängigkeiten
Das könne mitunter unliebsame Folgen haben, erklärt Matthias Stürmer, Leiter der Geschäftsstelle von Parlamentariern, die sich für digitale Nachhaltigkeit einsetzen: «Man ist dann langfristig an diesen Hersteller gebunden. An das Produkt einerseits, aber auch an die Firma, die Weiterentwicklungen bieten kann. Und genau das ist das Problem.»
Zentrale Überwachung nur von Grossprojekten?
Eine zentrale Stelle beim Bund, die die Hunderten von Informatikprojekten ausschreibt, umsetzt und genau kontrolliert, hält Peter Fischer allerdings für falsch.
Er ist Chef des Informatiksteuerungsorgans des Bundes, das die Informatikprojekte vergibt und teilweise auch überwacht: «Wir setzen den Ansatz nur dort um, wo er Sinn macht. Das ist bei der allgemeinen, generischen Informatik, bei denen dieselben Mittel für die ganze Bundesverwaltung zur Verfügung gestellt werden.»
Also beispielsweise für Bürosoftware, die in vielen Bundesämtern und Amtsstellen verwendet wird. Gleichwohl sieht der Bundesrat Handlungsbedarf. Eine einzige Stelle, das Informatiksteuerungsorgan, soll künftig bei neuen Grossprojekten mit Kosten von über 30 Millionen Franken die Federführung haben.
Offene Systeme als Alternative mit Risiken
Dem Informatiker Matthias Stürmer schwebt noch ein anderes Mittel für die Bundesverwaltung vor: Ein offenes System mittels Open-Source-Software: Denn mit einer solchen Software falle die Abhängigkeit von einem einzelnen Hersteller weg. «An Open-Source-Produkten kann wie bei einem öffentlichen Gut jeder mitarbeiten und Dienstleistungen anbieten, der die entsprechende Kompetenz hat und sich einarbeiten kann.»
Das Bundesgericht beispielsweise setzt bereits solche Open-Source-Software ein. Doch solche offenen Systeme haben nicht nur Vorteile, sondern bergen neue Risiken, entgegnet Andreas Knöpfli, Präsident der Branchenorganisation der Software-Anbieter: «Denn es kommen immer wieder neue Leute hinzu. Die machen vielleicht Fehler, die andere schon einmal gemacht haben – und hoffentlich nicht erneut machen.»
Fischer: «Wir machen auch sehr viele Projekte mit Erfolg»
Neue Lösungen werden also innerhalb und ausserhalb der Bundesverwaltung diskutiert und gesucht. Fischer betont durchaus selbstkritisch: «Wir haben da einige Massnahmen ausgelöst. Wir müssen besser werden, es geht um Steuergelder. Aber wir machen auch sehr viele Projekte mit Erfolg und gemäss Budget und Termin.»
(brut;eglc)