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Bild 1 von 6. Der Anfang ist gemacht! Didier Burkhalter empfängt Giorgio Napolitano am Flughafen Bern. Auf den Gast warten zwei gesprächsintensive Tage in der Schweiz. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 6. Das Bild täuscht: Herzlich sind die Beziehungen zwischen der Schweiz und Italien schon lange nicht mehr. Daran ändert auch das im Januar dieses Jahres geschlossene Abkommen zum Ausbau des Gleiskorridors für die Gotthard-Linie nichts – da können Doris Leuthard und Maurizio Lupi noch so sehr lächeln und Hände schütteln. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 6. Die Schweiz muss 150 Millionen Franken in den Ausbau auf der italienischen Seite pumpen. Denn was nutzt der fertige Gotthard-Tunnel, wenn auf der italienischen Seite, die versprochene Verbreiterung der Zubringergleise nicht vorankommt? Bisher ziehen beide Partner nur zuweilen und nach aussen am gleichen Strang. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 6. Hohe Löhne, tiefe Steuern – es ist allzu verständlich, dass viele Norditaliener angesichts der Arbeitslosigkeit im eigenen Land gern ins Tessin pendeln. Für die Einheimischen hingegen werden die Jobs hingegen knapper oder schlechter bezahlt – bei gleichbleibend hohen Lebenshaltungskosten. Das schürt den Unmut der Tessiner. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 6. Auch eine Möglichkeit: Die italienische Finanzpolizei filmt Einreisende in die Schweiz. So will man Steuerbetrügern auf die Schliche kommen. Eine gemeinsame Strategie, wie mit in der Schweiz gebunkertem Schwarzgeld umgegangen werden soll, fehlt bisher. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 6. Der letzte Staatsbesuch eines italienischen Präsidenten war die Stippvisite von Carlo Azeglio Ciampi (Bild) im Mai 2003. Drei Jahre später entschied sich Ciampi, nicht für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Sein Nachfolger im Amt des Staatspräsidenten wurde der bis heute amtierende Giorgio Napolitano. Bildquelle: Keystone.
Der italienische Präsident Giorgio Napolitano ist zu einem zweitägigen Staatsbesuch in der Schweiz eingetroffen. In einer ersten Ansprache äusserte er sich auch zur Annahme der Masseneinwanderungsinitiative. Napolitano sprach von einem entgegengesetzten Tendenz verglichen mit der europäischen Entwicklung.
Die Abstimmung habe in Italien Aufregung ausgelöst, sagte der 88-Jährige. Er hoffe aber, dass die Abstimmung die in der Geschichte der Schweiz verankerten Prinzipien hinsichtlich der Aufnahme von Migranten nicht in Frage stelle. Zudem wünsche er sich, dass die knappe Mehrheit bei der Abstimmung vom 9. Februar «genügend Raum» für die notwendige Zusammenarbeit zwischen der EU und der Schweiz lasse.
Beide Seiten brauchen befriedigende Lösungen
Mit seiner Rede antwortete Napolitano auf eine vorgängige Ansprache von Bundespräsident Didier Burkhalter. Darin hatte dieser der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass die Uneinigkeiten in Steuerfragen mit Italien rasch beigelegt werden.
Die Diskussionen darüber stünden schon zu lange im Zentrum der Bemühungen beider Länder. «Wir müssen hier rasch konstruktive und für beide Seiten befriedigende Lösungen finden», sagte Burkhalter.
Nach den Ansprachen begannen die offiziellen Gespräche. An diesen nehmen neben dem Bundespräsidenten auch Verkehrs- und Umweltministerin Doris Leuthard sowie Wirtschafts- und Bildungsminister Johann Schneider-Ammann und Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf teil.
Letztere habe sich bei den offiziellen Gesprächen erfreut darüber gezeigt, dass es in den Verhandlungen in finanz- und steuerpolitischen Dossiers Fortschritte gebe. Möglicherweise könnte ein baldiger Abschluss erzielt werden, teilte das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) nach dem Ende der offiziellen Gespräche mit.
«Einseitiges Vorgehen bringt nichts»
Laut Radio SRF Tessinkorrespondent Alexander Grass werden in den Gesprächen aber auch Fragen zur Verkehrspolitik (Neat-Südanschluss) sowie zur überbordenden Bürokratie für Schweizer Firmen in Italien zur Sprache kommen.
Ein wichtiger Punkt sei auch die weitere Behandlung der Grenzgängerfrage, so Grass. «Doch ein neues Grenzgängerabkommen ist ein kompliziertes Thema, weil es Teil eines Doppelbesteuerungsabkommens ist.»
Wolle die Schweiz das eine ändern, müsste sich auch das andere neu verhandeln. Doch das sei nur möglich, wenn für beide Seiten eine Win-Win-Situation entstünde. «Ein einseitiges Vorgehen bringt deshalb gar nichts», so der SRF-Korrespondent.
Widmer-Schlumpf will neues Grenzgängerabkommen
Der Besuch Napolitanos fällt in eine Phase, während der nach Lösungen in Bezug auf die italienischen Grenzgänger gesucht wird. Erst vor zwei Wochen versprach Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf dem Tessin, das Grenzgängerabkommen mit Italien zu verändern.
Das Tessin hatte kurz vor der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative vom Bundesrat gefordert, das 1974 abgeschlossene Abkommen aufzukündigen. Das aktuelle Abkommen mit Italien schreibt vor, dass Grenzgänger aus Italien nur in der Schweiz besteuert werden.
Wegen der tieferen Schweizer Steuersätze zahlen die Grenzgänger deutlich weniger Steuern als sie in Italien entrichten müssten. Dies mache die Arbeitsplätze im Tessin für Italiener attraktiv, hiess es in der deutlich gutgeheissenen Standesinitiative der Tessiner FDP, welche die Aufkündigung des Grenzgängerabkommens forderte.
Sorgt Napolitano für neuen Schwung?
Bei der Fülle der offenen Fragen werden auf Giorgio Napolitano ganz sicher zwei sehr arbeitsame Tage zukommen. Doch wirklich Dinge entscheiden kann er nicht. Aber: «Der Staatspräsident hat eine diskrete Rolle, die er sehr wohl spielen kann», weiss Grass . So könne Napolitano zum einen Türen zum Dialog öffnen und zum anderen bewirken, dass festgefahrene Gespräche neuen Schwung bekommen.