Der Bundesrat hatte bereits vergangenen Sommer im Grundsatz entschieden, beim automatischen Informationsaustausch (AIA) mitzumachen. Im Herbst kündigte er an, dass er mit den wichtigsten Partnerländern darüber verhandeln werde, wenn ein international anerkannter Standard vorliege.
Dieser Standard liegt nun vor. Der OECD-Rat will ihn im Juli genehmigen, die G20-Staaten sollen ihn im September bestätigen, wie Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf vor den Medien sagte. Die Minister der OECD-Mitgliedstaaten und einiger weiterer Länder bekräftigten Anfang Mai die Ziele in einer Erklärung, die auch die Schweiz unterstützte.
«Es ist wichtig, immer wieder zu sagen, was ausgetauscht wird», betonte Widmer-Schlumpf: Die Grundidee besteht darin, dass ein Finanzinstitut der Steuerbehörde im eigenen Land – in der Schweiz der eidgenössischen Steuerverwaltung – einmal jährlich die Kundennamen ausländischer Steuerpflichtiger samt Kontendaten meldet. Diese Daten werden dem AIA-Partnerstaat übermittelt – von Steuerverwaltung zu Steuerverwaltung. Die Daten dürfen nur zur Abklärung verwendet werden, ob Steuern bezahlt wurden oder nicht, also nicht für Straf-, Zivil- und Verwaltungsverfahren.
Mit Vergangenheitslösungen verknüpfen
Nun will der Bundesrat mit den Verhandlungen beginnen. Dabei will er den Informationsaustausch mit anderen heiklen Fragen verknüpfen: Er hat festgehalten, dass - wo angebracht - Fragen der Regularisierung der Vergangenheit und des Marktzutritts in die Verhandlungen zum AIA einzubringen sind, wie das Finanzdepartement (EFD) schreibt.
Im Falle der EU sollen die laufenden Verhandlungen über die Ausdehnung des Zinsbesteuerungsabkommens «neu orientiert» werden. Die EU hatte stets gefordert, dass in diesen Verhandlungen auch der AIA Thema sein müsse. Finanzministerin Widmer-Schlumpf lehnte dies jedoch ab, weil der internationale Standard noch nicht vorlag.
Die EU-Kommission, die im Namen der EU mit der Schweiz verhandelt, muss an ihrem Verhandlungsmandat zum Zinsbesteuerungsabkommen keine Anpassungen vornehmen, wie eine Sprecherin von EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta auf Anfrage der SDA sagte. Die EU habe sich schon immer auf den Standpunkt gestellt, der automatische Informationsaustausch sei das Ziel dieser Verhandlungen.
Verhandlungen mit den USA
Verhandeln will der Bundesrat auch mit den USA, die mit dem Steuergesetz FATCA bereits einen einseitigen Informationsfluss durchgesetzt haben. Beim Abkommen zur Umsetzung von FATCA hatte die Schweiz auf das Modell 2 gesetzt. Nun will der Bundesrat über einen Wechsel zum Modell 1 verhandeln. Mit diesem würden Daten zwischen den zuständigen Behörden auf gegenseitiger Basis ausgetauscht.
Verhandlungen mit weiteren ausgewählten Ländern will der Bundesrat prüfen. In einer ersten Phase würden prioritär Staaten in Betracht gezogen, mit denen enge wirtschaftliche und politische Beziehungen bestünden und die für die Schweizer Finanzindustrie wichtig seien, hält das EFD fest. Ausserdem sollen die Länder ihren Steuerpflichtigen eine genügende Möglichkeit zur Regularisierung ihrer Vermögen bereitstellen.
Gesetz zur Umsetzung im Inland
Die Einführung des automatischen Informationsaustausches mit anderen Ländern würde mit bilateralen Abkommen erfolgen. In der Schweiz wäre indes ein Umsetzungsgesetz notwendig, da das geltende Recht den automatischen Informationsaustausch ausschliesst. Mit einem solchen Gesetz würde das Bankgeheimnis gegenüber dem Ausland definitiv abgeschafft.
Zu den Verhandlungsmandaten können nun die zuständigen parlamentarischen Kommissionen und die Kantone Stellung nehmen. Im Herbst will der Bundesrat sie definitiv verabschieden. Gesetzesvorschläge sollen dem Parlament später vorgelegt werden.