Aussenminister Didier Burkhalter schlägt vor, dass der Europäische Gerichtshof bei der Auslegung der Bilateralen Verträge das letzte Wort haben soll. Damit möchte der Bundesrat das blockierte Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU entspannen. Die Reaktionen im Inland zeigen, der Vorschlag ist heikel.
Am heftigsten fällt die Reaktion der SVP auf die neue Europa-Strategie des Bundesrates aus: «Es ist nicht nur ein negativer, es ist ein katastrophaler Vorschlag, den der Bundesrat hier unterbreitet», sagt SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz gegenüber SRF.
Bereits bisher versuchten gemischte Ausschüsse eine gemeinsame Lösung zu finden, wenn sich die Schweiz und die EU nicht einig waren. Neu soll der Europäische Gerichtshof bei Fällen, in denen keine Lösung gefunden wird, das Recht auslegen. Das werde die SVP nie akzeptieren, betont Amstutz weiter.
CVP und FDP skeptisch, SP zufrieden
Auch bei der CVP reagiert man skeptisch: CVP-Aussenpolitiker Gerhard Pfister hätte sich gewünscht, dass ein gemeinsames Gericht über Streitfälle entscheiden sollte, nicht das EU-Gericht: «Diese Option ist doch ein massiver Souveränitätsverlust für die Schweiz. Ich bin nicht sicher, ob das auf genügend Akzeptanz im Inland stossen wird.»
Die Freisinnigen begrüssen zwar, dass der Bundesrat den Bilateralen Weg weitergehen möchte. Zum konkreten Vorschlag mit dem Gerichtshof will sich FDP-Ständerat Felix Gutzwiller noch nicht festlegen, zuerst müsse die Rolle des Europäischen Gerichtshofs kritisch geprüft werden. Aber immerhin habe der Bundesrat einen Auftrag für die Weiterentwicklung des Bilateralen Wegs erteilt. «Das werten wir sehr positiv», erklärt Gutzwiller.
Von den Sozialdemokraten erhält der Bundesrat am meisten Unterstützung: Eine Lösung mit der EU sei dringend nötig. Der Europäische Gerichtshof als Schlichtungsinstanz sei die richtige Wahl, findet SP-Fraktionspräsident Andy Tschümperlin. Der Europäische Gerichtshof kenne die ganzen Zusammenhänge. Es könne solche Fälle also aus einer Gesamtoptik heraus beurteilen. Tschümperlin halte diese Lösung deshalb «im Moment» für sinnvoll.
Die ersten Reaktionen der Parteien zeigen es: Die Europa-Strategie des Bundesrates wird es innenpolitisch schwer haben.
(aebn;eglc)