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Bild 1 von 6. Ob Pass oder Tunnel – am Gotthard kommt man auf der Nord-Süd-Achse nicht vorbei. Bildquelle: SRF/ Beat Kälin.
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Bild 2 von 6. Kilometerlang zieht sich die Blechlawine im Urner Reusstal dahin. Die langen Wartezeiten werden in der Hitze zum Prüfstein... Bildquelle: SRF/ Beat Kälin.
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Bild 3 von 6. …nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Automotoren. Bildquelle: SRF/ Beat Kälin.
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Bild 4 von 6. Die Wartezeit vor dem Gotthard-Tunnel erfordert viel Geduld. Belohnt wird man aber schlussendlich mit einer Fahrt durch den längsten Strassentunnel der Alpen. Bildquelle: SRF/ Beat Kälin.
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Bild 5 von 6. Die Alternative zum Tunnel ist der Gotthardpass. Die Strasse schlängelt sich hinauf bis in die luftige Höhe von 2106 m.ü.M. Bildquelle: Keystone/Archivbild.
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Bild 6 von 6. Wie auch immer die Wahl der Route: Beim Anblick dieser Tafel dürften die meisten Reisenden auf der Rückfahrt ein persönliches Déjà-vu erleben. Bildquelle: SRF/ Beat Kälin.
Mit viel Sonne ist die Schweiz ins Pfingstwochenende gestartet. Trotz des sommerlichen Wetters zieht es viele Pfingstausflügler in Richtung Süden. Vor dem Gotthard mussten sich die Autofahrer schon früh in Geduld üben.
Bereits ab fünf Uhr morgens staute sich der Verkehr vor dem Gotthard-Nordportal. Innerhalb von nur zwei Stunden wuchs die Blechlawine später auf 13 Kilometer an, wie der Verkehrsdienst Viasuisse mitteilte. Das entspricht einer Wartezeit von rund zwei Stunden und 10 Minuten im Stau.
Gegen Mittag schrumpfte die Staulänge. Am frühen Nachmittag stauten sich die Autos dann wider Erwarten nur noch auf drei Kilometern. Offenbar entschlossen sich viele Autofahrer, die Ausweichroute über den San Bernardino zu nehmen. Gegen Abend löste sich der Stau jedoch auf beiden Routen auf.
Guck doch mal bitte in den Staukalender rein, Ilse, hier darf eigentlich gar nichts sein, nicht um die Uhrzeit!
Am Wochenende ist «Grosskampftag» auf den Schweizer Autobahnen. Das sagte Thomas Rohrbach vom Bundesamt für Strassen (Astra). Es sei vielerorts mit Verzögerungen zu rechnen. An sich ist das keine Überraschung: Auffahrt und Pfingsten stehen seit jeher auch für Stau und stockenden Verkehr.
Heuer sind die Voraussetzungen für einen «perfekten» Stau aber optimal:
- Spätes Datum: Die Skiausrüstung ist längst verstaut, die Eishockey-WM endlich vorbei. Die Menschen sind in Sommerlaune, sie wollen raus – und werden mobiler.
- Schönes Wetter: Die sommerlichen Temperaturen führen zu mehr Freizeitverkehr im Inland, speziell in den Ballungszentren Zürich, Bern oder Genf-Lausanne – und sie motivieren viele zu einem Kurzurlaub am Meer.
- Ferienbeginn: Die Schüler in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg haben ab nächsten Dienstag zwei Wochen Pfingstferien. Viele verbringen diese auf einem Campingplatz an der Adria. Dorthin gelangen sie via Nord-Süd-Achse durch die Schweiz. Plus: Kinderlose Urlauber machen sich schon jetzt auf den Weg, um die schlimmsten Blechlawinen in der Hochsaison zu vermeiden.
Theoretisch können im Schnitt 1000 Fahrzeuge pro Stunde den Gotthardtunnel passieren. Diese Anzahl wird in der Praxis aber selten bis nie erreicht. Grund dafür sind gemäss Thomas Rohrbach Lastwagen, die mehr Platz beanspruchen und Lenker, die sich «unvernünftig» verhalten. Würden sich alle an die vorgegebene Geschwindigkeit von 80 km/h halten und die korrekten Abstände beachten, müsste der Tunnel weniger oft vorübergehend geschlossen werden. «Was wir auf jeden Fall verhindern wollen, ist ein Stau im Gotthardtunnel», sagt Rohrbach.
Die Autobahn ist so leer, das gefällt mir gar nicht. Wenn das so weitergeht, nehme ich den Schleichweg über Garmisch!
Das Ausweichen auf Routen, welche über Alpenpässe führen, sei eine Alternative, sagt Thomas Rohrbach. Diese seien aber nicht für jeden Lenker geeignet. Von einem Abenteuer mit Wohnwagen auf der Tremola rät er zum Beispiel ab.
Wer von Zürich aus den Weg in den Süden unter die Räder nimmt, findet mit dem Oberalp und dem Lukmanier eine landschaftlich ansprechende Alternative zum gewohnten Göschenen-Airolo. Für Berner gibts Grimsel und Nufenen. Diese Routen würden zwar nicht unbedingt einen Zeitgewinn bringen, sagt Rohrbach, «dafür fährt man». Und das schont die Nerven.
Flucht vor dem Stau ist aber nicht in jedem Fall die beste Lösung. Schon gar nicht, wenn ein Navigationsgerät eine solche empfiehlt. Oder besser: Hunderte Navigationsgeräte gleichzeitig. Dann gehts in der Regel schnell, und die Schleichwege sind ebenso verstopft.
Der grösste Störfaktor im Verkehr ist der Mensch hinter dem Steuerrad: Einer bremst, die anderen machen mit, Fehler addieren sich – Stau. Professor Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen forscht seit über einem Jahrzehnt am Phänomen Stau. Er unterteilt die Autofahrer in vier Gruppen:
- Die Sensiblen: Meldet das Radio oder das Navi Stau, verlässt dieser Typus von Autofahrer schnurstracks die eigentlich geplante Reiseroute.
- Die Taktierer: Sie sind grundsätzlich positiv denkende Menschen und rechnen fest damit, dass sich die stehende Kolonne längst verflüssigt hat, wenn sie dort ankommen.
- Die Konservativen: Sie sitzen aus, was auch immer kommen möge.
- Die Stoiker: Eine Untergruppe der Konservativen. Sie ignorieren Stauwarnungen nicht nur, sondern halten stets an ihrem ursprünglichen Reiseweg fest.
Am schnellsten am Ziel, das hat Stauforscher Schreckenberg herausgefunden, sind die Stoiker. Die sicherste Stauprävention ist aber das antizyklische Reisen. Wer es sich leisten kann, fährt ein paar Tage früher in die Ferien als der Rest – und kehrt erst dann heim, wenn die anderen schon lange wieder im Büro sitzen.
Wo ist denn die Kupplung?