Letztes Jahr nahm die Anzahl immatrikulierter Elektrofahrzeuge gegenüber 2011 um fast 70 Prozent zu. Der Bestandteil allerdings ist minim: Gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) sind derzeit 1800 Stück im Verkehr. Eigentlich überraschend – angesichts der Tatsache, dass der Stromer bereits 132 Jahre alt ist.
Dass Herr und Frau Schweizer noch nicht auf den Geschmack des als umweltschonend angepriesenen Elektrofahrzeugs gekommen sind, hat unterschiedliche Gründe.
Am teuersten sind die Batterien
Elektrofahrzeuge gelten aufgrund ihrer Lithium-Ionen-Batterien als kostspielig. Laut einer Studie im Magazin «Focus» liegen die Preise durchschnittlich etwa 30 Prozent über dem vergleichbaren Automodell mit herkömmlichem Antrieb. Vor zwei Jahren waren es sogar 60 Prozent. Aktuell ist der «i3» von BMW für 35'000 Euro zu haben, der «E-Up» von VW für 27'000 Euro. Diese sind derzeit an der Internationalen Automesse IAA in Frankfurt ausgestellt. Bereits haben einige Autohersteller auf die Zurückhaltung der Kunden reagiert und ihre Preise gesenkt.
Ein weiterer Grund für die Kaufhemmung ist die Reichweite der Batterien. Diese ist grösstenteils auf 100 bis 200 Kilometer pro Tag begrenzt. Danach müssen sie an die Steckdose. Wer auf Heizung, Klimaanlage oder Radio verzichtet, kann das Aufladen etwas hinauszögern.
Die Autobauer sind trotz schleppender Nachfrage von Elektrofahrzeugen überzeugt: «Die Elektrifizierung des Autos ist nicht aufzuhalten», sagte Carlos Ghosn, Chef der Autoallianz Nissan Renault.
Technik der Batterien «nicht ausgereift»
Nicht überzeugt ist hingegen ist Christopher Onder. Er ist der Zuständige für motorsystemtechnische Projekte an der ETH Zürich und sagt: «Die Technik der Batterien ist zu wenig ausgereift und gelangte meiner Ansicht nach zu früh auf den Markt.»
Viele Fragen seien noch offen. Etwa wie die Batterien altern und wie diese entsorgt werden sollen. Laut Onder verringert sich bei tiefen und hohen Temperaturen zudem die Leistung der Batterien. Für ihn sind derzeit Hybrid-Autos verlässlicher. Diese besitzen sowohl einen Verbrennungs- als auch einen Elektromotor.
Probleme mit Elektroautos? «Ein Mythos», kontert Jörg Beckmann. Die Reichweite der Batterien sei für die wenigsten Lenker ein Hindernis. Der Direktor von «Schweizer Forum Elektromobilität» und Förderer von Elektrofahrzeugen betont: Die Leistungsreduktion aufgrund Hitze oder Kälte betrage nur zwischen 10 bis 20 Prozent.
«In der Regel besitzen wir Autos, deren Potenzial wir gar nicht ausschöpfen können», sagt Beckmann weiter. Gemäss BFS legen Schweizer im Schnitt weniger als 40 Kilometer pro Tag zurück – bis zu fünfmal mehr schaffen Elektroautos täglich. «Und Batterien, die ausgedient haben, sollen sich künftig recyclen lassen können», erklärt Beckmann.
Er hält fest, dass das Elektrofahrzeug dezidiert kein Auto sei, das «sämtliche Bedürfnisse abdeckt». Für den täglichen Gebrauch aber genüge es allemal.
Grundausrüstung für Lenker Voraussetzung
ETH-Professor Onder ausserdem bemängelt die Grundausrüstung, welche Elektroautos voraussetzen: «Der Lenker braucht eine Garage und eine Auflademöglichkeit. Angesichts dessen sind diese Fahrzeuge noch nicht für die breite Masse gemacht».
Wer in der Öffentlichkeit Energie tanken will, muss Onder zufolge zunächst wissen, ob genügend freie Parkplätze mit Steckdosen vorhanden sind.
In der Regel erhält der Käufer eines Elektrofahrzeuges ein sogenanntes Home charge device (HCD). Auf diese Weise kann er seine Batterie auch Zuhause aufladen. Das Gerät passt sich gemäss Hersteller der jeweiligen Stromstärke an. Ist die Batterie leer, dauert das Tanken sechs bis acht Stunden im Schnitt.
An Quantität der Batterien wird gearbeitet
Gänzlich abschreiben will Professor Onder die Elektroautos nicht. «Sie haben durchaus Vorteile. Im Vergleich zu Verbrennungsmotoren sind sie lokal umweltschonender», hält er fest. Gleichzeitig müsse noch geklärt werden, woher der Strom bezogen werde und wie viel Emissionen der Bezug verursache.
Dass Elektrofahrzeuge dereinst die Schweizer Strassen erobern, glaubt Onder aber nicht. «Wir werden bestimmt nicht eine massive Abkehr vom Verbrennungsmotor sehen», sagt er. Gemäss dem Experten entwickelt die Forschung die Batterien jedoch stetig weiter.