Ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU wäre das Ende der bilateralen Verträge, warnt das «Komitee gegen den schleichenden EU-Beitritt – EU-No». Nach Ansicht des Komitees würde die Schweiz durch das Rahmenabkommen zur «blossen Befehlsempfängerin» der EU.
Nach Ansicht der SVP ist das Rahmenabkommen das «Ende des bilateralen Weges». Die Partei unterstütze diesen, betonten die SVP-Vertreter vor den Medien in Bern. «Aber wir wollen keine bilateralen Abkommen, die die Handlungsfreiheit einschränken», sagte Christoph Blocher.
Noch liegt das Rahmenabkommen zwar nicht vor. Der Vertrag sei aber praktisch unterschriftsreif, so der SVP-Chefstratege. Er ist überzeugt, dass der Bundesrat aus taktischen Gründen abwartet, das Abkommen dem Volk zeitnahe vorzulegen: «Er (der Bundesrat, Anm. d. Red.) hat bei der jetzigen aussenpolitischen Situation Angst, dass dieser Vertrag keine Chancen hat im Volk.»
Burkhalter verteidigt Rahmenabkommen
Im Gespräch mit SRF News will Didier Burkhalter nichts vom «Irrweg» wissen, den Blocher beschreibt: «Mit dem institutionellen Abkommen haben wir langfristig mehr Möglichkeiten, Zugang zum Binnenmarkt zu haben», findet der Aussenminister. «Wichtig ist, dass es am Ende ein Abkommen ist, das den bilateralen Weg für unsere nächste Generation echt stärkt», betont er.
Die EU stellt sich auf den Standpunkt: ohne Rahmenabkommen keine neuen bilateralen Verträge mit der Schweiz. Für den Aussenminister ist deshalb klar: Das Abkommen sei eine Frage der Rechtssicherheit – einen Verlust der Unabhängigkeit bestreitet er vehement.
EU-Gerichtshof im Zentrum der Kritik
EU-Rahmenabkommen
Zwei Punkte des Vertrags, die heute bekannt sind, seien «absolut inakzeptabel», findet derweil SVP-Präsident Albert Rösti: Die «automatische Rechtsübernahme» und die Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Das «EU-No»-Komitee kritisiert, dass die Schweiz in jenen Bereichen, in denen bilaterale Verträge bestehen, zwingend EU-Recht übernehmen müsste.
Zudem stört sich das Komitee daran, dass die Schweiz bei Meinungsverschiedenheiten die Urteile des EU-Gerichtshofs als bindend anerkennen müsste. Dadurch würden die Volksrechte eingeschränkt, sagte Auns-Präsident und SVP-Nationalrat Lukas Reimann.
Das ist nicht sehr schweizerisch.
Allerdings hatte Aussenminister Didier Burkhalter im Frühling gesagt, dass zwar die Interpretation durch den Europäischen Gerichtshof erfolgen soll, «aber nicht der definitive Entscheid». Dieser solle im sogenannten Gemischten Ausschuss fallen und bleibe damit ein politischer Entscheid, kein juristischer. Am Schluss entscheide die Schweiz immer noch selbst, ob sie der Auslegung des Gerichtshofs folgen wolle, sagt Burkhalter heute.
Das sei doch alles Augenwischerei, hält Blocher gegenüber SRF News entgegen: «Es ist wie beim EWR: Auch damals wurde gesagt, das sei ja alles nicht so schlimm. Diese Vernebelungsaktionen werden noch zunehmen – und darum treten wir an.» Blocher vergleicht denn auch die Bedeutung des Rahmenabkommens mit der Abstimmung über den EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) von 1992.
Dass die EU ohne Rahmenabkommen nicht über neue bilaterale Abkommen mit der Schweiz verhandeln will, macht Blocher offenbar keine Sorgen. «Ich kenne kein bilaterales Abkommen, das für die Schweiz und die Wirtschaft überlebensnotwendig wäre». Das Rahmenabkommen sei «nicht alternativlos», betont auch Rösti.
Kampagnen-Start im Sommerloch
Mit der Medienkonferenz lanciert die SVP mitten im politischen Sommerloch die nächste Debatte zu den Beziehungen mit der EU – noch bevor das Parlament über die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative (MEI) entschieden hat.
Aussenminister Burkhalter reagiert irritiert auf den Zeitpunkt des Vorstosses: «Eine Kampagne zu lancieren, bevor man das Ergebnis einer Verhandlung kennt, ist nicht sehr schweizerisch». Bis ein Rahmenabkommen dem Volk vorgelegt werde, werde es noch Jahre dauern, beteuert Burkhalter, der zurzeit noch auf die Unterstützung praktisch aller politischen Parteien – ausser der SVP – zählen kann.
Nach Ansicht von Blocher macht die EU derweil Druck, die beiden politischen Dossiers – Rahmenabkommen und MEI – zu verknüpfen. Der Bundesrat wolle dies aus taktischen Gründen nicht, da er fürchte, damit in einer Volksabstimmung nicht durchzukommen.