Der Totalabsturz der Energiesteuer-Initiative der Grünliberalen (GLP) wurde von einigen bürgerlichen Politikern – etwa FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen – als Absage an eine Lenkungsabgabe gedeutet. Andere sahen sogar das nahende Ende der Energiestrategie 2050. Der Umweltökonome Frank Krysiak erklärt im Interview, wieso er das nicht so sieht.
SRF News: Sehen Sie in der deutlichen Abfuhr der Energiesteuer-Initiative eine Absage des Stimmvolks an die Energiewende?
Frank Krysiak: Ich denke, es ist keine grundsätzliche Absage an die Energiewende, eher eine Absage an ein noch schnelleres und mit grösseren Unsicherheiten behaftetes Vorgehen. Die Energiewende findet ja auch ohne die Energiesteuer-Initiative statt. Die Frage war ja eigentlich, ob es noch schneller und mit einem ganz speziellen Instrument gehen soll.
Offensichtlich sind die Stimmbürger aber nicht bereit, mehr für Energie wie Heizöl, Benzin oder Strom zu bezahlen. Kommt man denn auch anders ans Ziel?
Das von der Energiesteuer-Initiative vorgeschlagene Instrument hätte ja zwei Wirkungen gehabt: Einerseits hätte es erneuerbare gegenüber fossilen Energieträgern gefördert und andererseits hätte dies zu einer Abnahme des Verbrauchs führen sollen. Für die Förderung gibt es gute Alternativen, etwa die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) oder verhandelbare Quoten für erneuerbare Energien. Für die Reduktion des Verbrauchs wird es langfristig wahrscheinlich schon höhere Preise brauchen, aber wohl nicht so schnell, wie das die Initiative vorgesehen hat.
Was bräuchte es, um die Bevölkerung für höhere Energiepreise zu gewinnen?
Wahrscheinlich wäre eine langsamere Einführung höherer Preise gut, sowie eine Kombination aus fördern und fordern. Man sollte also aufzeigen, dass die gleiche Lebensqualität mit weniger Energieverbrauch möglich ist – auch dank neuen Technologien, die man vielleicht fördern muss. Erst dann sollte man die Preise langsam erhöhen.
Auch der Bundesrat will Lenkungsabgaben einführen, also die Preise für fossile Energieträger wie Heizöl, Benzin oder Strom erhöhen. Ist die Regierung damit auf einem guten Weg?
Langfristig ist das schon gut, die Preise für Energie zu erhöhen. Man muss sehen: Derzeit geben die Haushalte für Energie sehr wenig aus. Was die höheren Preise also an Belastung bringen, ist für die meisten Haushalte nicht viel. Trotzdem: Wenn ich weiss, dass die Energie teurer wird und dies langfristig bleiben wird, dann kaufe ich vielleicht doch effizientere Geräte, oder ich überlege mir, ob es diese oder jene Fahrt mit dem Auto überhaupt braucht. Ich denke, der Weg ist schon richtig.
Gibt es ähnliche Vorhaben wie jenes, das die Schweiz im Sinn hat auch schon im Ausland? Hat man da schon Erfahrung?
Es gibt meines Wissens kein Land, das freiwillig den Energiekonsum derart stark reduziert hätte, wie das die Schweiz mit der Energiewende plant. Es gibt wenig internationale Erfahrung. Was die Schweiz vor hat, ist weltweit schon einmalig. Deshalb müssen wir die Instrumente dafür selber finden, einfach kopieren, was andere bereits gemacht haben, geht nicht.
Ist das Ziel der Energiewende zu ehrgeizig oder ist es realistisch?
Es ist realistisch. Schon mit den Technologien, die wir heute kennen, können wir die Ziele der Energiewende erreichen. Und dies für nicht allzu hohe Kosten, wenn man diese etwa mit den Landwirtschaftssubventionen vergleicht. Man muss aber auch sehen, dass es bis 2035 oder 2040 dauern wird, die Ziele zu erreichen.