Das Wichtigste in Kürze:
- Die grösste Bedrohung für die Schweiz bleibt der Dschihadismus. Gefährlich sind vor allem Einzeltäter und Kleingruppen.
- Sorge bereitet die fragile Situation in der Ukraine. Der latente Krieg ist Ausdruck einer neuen Phase des Ost-West-Konfliktes.
- Die Cyberspionage bleibt aktuell. Spionage werde in der Schweiz in naher Zukunft voraussichtlich gegen wirtschaftliche, politische und militärische Interessen betrieben.
- Vom Rechts- und Linksextremismus geht eine kleinere Gefahr aus als in der Vergangenheit.
Aus Sicht des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) ist die sicherheitspolitische Lage der Schweiz komplexer geworden. Die grösste Bedrohung bleiben Dschihadisten. Sorge bereitet aber auch die fragile Situation in der Ukraine. Dieser Konflikt sei Ausdruck einer neuen Phase des historisch verwurzelten Ost-West-Konfliktes, heisst es im Lagebericht. Damit sei eine Ära, in der sich in Europa zwischenstaatliche Konflikte zurückbildeten, zu Ende gegangen.
Russland: «Vakuum an der Ost-West-Grenze»
Gegenüber SRF News sprach Verteidigungsminister Ueli Maurer von einem «gewissen Vakuum» entlang der Ost-West-Grenze. Die Landesregierung habe sich mit einer konkreten Kriegsgefahr befasst, so der VBS-Chef: «Das macht uns Sorge.»
Für die Armee verkürzten sich mit der veränderten Sicherheitslage, wie der NBD festhält, tendenziell die bisher stabilen langen Vorwarnzeiten. Insgesamt seien die Herausforderungen für die sicherheitspolitische Organe in der Schweiz komplexer geworden, hält der NDB fest.
Dschihadismus: «Wir bleiben nicht zwingend verschont»
Die grösste Gefahr geht weiterhin vom Dschihadismus aus. «Die Schweiz steht zwar nicht im direkten Fokus dschihadistischer Gruppen, bleibt aber als Teil des europäischen Gefährdungsraums bedroht». Gefährlich sind laut NDB vor allem Einzeltäter und Kleingruppen.
Dieser Einschätzung schliesst sich auch Bundesrat Maurer an. Denn die Schweiz sei nach wie vor ein sicheres Land, «auch wenn wir nicht zwingend verschont bleiben von Leuten, die im Moment keine Sicherungen haben.»
Eine Bedrohung könne nur im Verbund mit anderen Betroffenen reduziert werden, erklärte Bundesrat Maurer zudem im Vorwort des Berichts. Wichtig seien vor allem die Muslime selbst. «Sie spielen eine wichtige Rolle dabei, Radikalisierungen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.» Daneben gelte es auch, den aufgeklärten Islam zu fördern.
Die digitale Gefahr: «Das würde bei uns nicht passieren»
Weiterhin von hoher Aktualität ist aus Sicht des NDB die Cyberspionage: Die Erkenntnisse aus der Affäre Snowden haben nichts von ihrer Schärfe verloren – auch wenn bisher keine konkreten Angriffe gegen die Schweiz nachgewiesen werden konnten.
Auch künftig werde in der Schweiz Spionage gegen wirtschaftliche, politische und militärische Interessen betrieben. Dies erklärt sich laut NDB mit dem technologischen Standard der Industrie, dem internationalen Forschungs- und Finanzplatz.
Zudem wirft der aktuelle Skandal um den deutschen Nachrichtendienst BND und dessen vermeintliche Spähaktionen mit der NSA die Frage auf, wer die Überwachungsinstanzen selber überwacht. Maurer zeigt sich irritiert darüber, wie verwundert die deutschen Behörden reagiert hätten: «Das würde bei uns nicht passieren. Denn unsere Nachrichtendienste sind kontrolliert, und wir wissen, was sie machen.»
Ganz im Gegensatz zu Deutschland, so der VBS-Chef. Dass der BND auch Ziele in der Schweiz ausgespäht habe, könne man nicht ausschliessen. Konkrete Hinweise gebe es aber nicht. Und was diesbezüglich mit den deutschen Behörden besprochen worden sei, müsse vertraulich bleiben.