Eine Podiumsdiskussion im Casino in Montreux. Unten spielen Leute am einarmigen Banditen. Oben im grossen Saal diskutieren sie über unheilbare Verbrecher. Auf dem Podium: drei SVP-Politiker, eine Juristin, ein Psychiater. Es herrscht weitgehend Einigikeit.
Im Publikum zwei Dutzend Personen. Es sind ältere Herren im Anzug, Damen mit Leoparden-Blusen oder T-Shirt, ein Skinhead. Was sie eint: Empörung und Ratlosigkeit.
Aimée Zermatten, Juristin und Mitarbeiterin im Freiburger Strafvollzug stellt klar: auch die Fachleute seien aufgewühlt und wollten Veränderungen.
Eine nicht-opportune Meinung
Ein Mann sagt, er höre täglich: Wir brauchen die Todesstrafe. Aber die Leute getrauten sich nicht, zu ihrer Meinung zu stehen.
Die drei SVP-Politiker kommen aus Genf und dem Wallis. Die Todesstrafe ist kein Parteiprojekt. Im Gegenteil: Die Parteileitung behauptet, die Befürworter stünden am Rande der Partei.
Allerdings gilt Jean-Luc Addor gemeinhin als ein Mann, der im Walliser Parlament sehr wohl Dinge bewegt. Er ist ein erfahrener Politiker und Anwalt, der seine Hauptargumente eingängig formuliert und unermüdlich wiederholt: Die Todesstrafe sei effizient, weil nur ein Toter garantiert nie mehr rückfällig werde. Alles andere sei tödlicher Luxus.
Gleichgesinnte gesucht
Momentan fordern die Politiker nur eine Diskussion. Längerfristig aber, wenn sie Gleichgesinnte in der Deutschschweiz finden, wollen sie eine Initiative für die Todesstrafe lancieren.
Auslöser sind die zwei Morde in der Romandie. Aber das Unbehagen wurzelt tiefer. Alle im Publikum klagen, die Verwahrungsinitiative werde nicht umgesetzt. Wenn sich das Volk hintergangen fühle, dann könnte letztlich auch eine Initiative für die Todesstrafe angenommen werden, warnt eine Frau. Sie selbst sei gegen die Tötung.
Jean-Luc Addor auf dem Podium nimmt den Ball dankbar auf. Genau darum gehe es doch, sagt er. Die Politik respektiere den Volkswillen nicht. Die Demokratie werde dem Volk weggenommen.
Recht auf Sicherheit
Die Gegner der Todesstrafe haben einen schweren Stand. Der Psychiater Philippe Jaffe sagt, die Gesellschaft habe ein Recht auf Sicherheit, und dazu müssten alle Mittel angewandt werden -– alle, ausser der Todesstrafe, lautet sein Appell.
Doch gegen das Misstrauen im Saal kommt er an diesem Abend kaum an.