SRF News: Toni Brunner tritt als Parteipräsident zurück. War das zu erwarten?
Philipp Burkhardt: Offen gestanden kommt der Rücktritt für mich überhaupt nicht überraschend. Toni Brunner hat den Zenit als Parteipräsident erreicht – erfolgreicher als jetzt kann er kaum mehr werden. Die SVP hat bei den Nationalratswahlen im Oktober den historischen Höchststand von 29,4 Prozent Wähleranteil erlangt, sie hat im Dezember den zweiten Bundesratssitz zurückerobert, mit einem welschen Bundesrat beste Aussichten, in der Westschweiz weiter zu wachsen und sie ist die einzige Partei, die sich in Abstimmungen mit Initiativen regelmässig durchsetzen kann.
Es ist also eigentlich der ideale Zeitpunkt, um abzutreten. Kommt dazu, dass auch bei der FDP und CVP im April die Parteispitzen neu besetzt werden. Mit Brunners Rücktritt findet also ein eigentlicher Generationenwechsel im bürgerlichen Lager statt.
Brunners Bilanz nach bald acht Jahren an der Parteispitze scheint also ziemlich makellos. Was waren seine grössten Erfolge – und gab es nicht doch auch Niederlagen?
Der St. Galler hat mitgeholfen, die SVP zur erfolgreichsten Partei dieses Landes zu formen. In ihren Kernthemen – Ausländer und Europa – hat die Partei der Schweizer Politik unter seiner Amtszeit ganz klar den Stempel aufdrücken können.
Sein grösster Erfolg war sicher der Abstimmungssieg mit der Masseneinwanderungsinitiative am 9. Februar 2014, als sich die SVP gegen den Bundesrat und alle anderen Parteien durchsetzen konnte.
Als grösste Niederlage würde ich die Bundesratswahlen vom 14. Dezember 2011 bezeichnen, als der Versuch der SVP, den verlorenen Bundesratssitz von Christoph Blocher zurückzuholen, grandios scheiterte. Nach dem Debakel mit der Kandidatur von Bruno Zuppiger agierte die Parteispitze am Wahltag einigermassen planlos und schaffte es nicht, ihre Kandidaten durchzubringen.
Die Nachfolge von Brunner soll Albert Rösti antreten. Ist dies in der Partei unumstritten?
Eine Gegenkandidatur zu Albert Rösti würde mich sehr überraschen. Der Berner Nationalrat ist parteiintern äusserst beliebt. Er liegt klar auf Parteilinie, vertritt in den wesentlichen Themen ohne Wenn und Aber die Positionen der SVP. Er tut das aber auf eine überaus konziliante Art und Weise. Er ist insofern die ideale Besetzung für die SVP der Zukunft, die seit dem letzten Dezember mit zwei Bundesräten wieder stärker in die Regierungsverantwortung eingebunden ist.
Unter Albert Rösti darf man mit einer «freundlicheren» SVP im Auftreten rechnen, die aber inhaltlich nicht von ihrer Linie abweichen wird.
Die Fragen stellte Raffaela Moresi.
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Bild 1 von 10. SVP-Parteipräsident Toni Brunner (vorne) gibt sein Amt im Frühling ab – genau wie FDP-Parteipräsident Philipp Müller. Brunner war seit 2008 Chef der Schweizer SVP, er folgte auf Ueli Maurer. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 10. Ganz zu Beginn seiner politischen Karriere: Toni Brunner 1995 auf dem Hof seiner Eltern – in diesem Jahr wurde er als damals jüngstes Mitglied in den Nationalrat gewählt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 10. Nationalrats-Frischling Brunner bei seinem ersten Rundgang durch die Wandelhalle im Bundeshaus. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 10. Neu-Nationalrat Toni Brunner rückte im Januar 1996 in die Unteroffiziersschule in Chur ein. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 10. Ein Flair fürs Volkstümliche: Toni Brunner 1996 zu Gast bei Kurt Zurfluh in der Sendung «Hopp dä Bäse». Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 10. Der Parteipräsident der SVP gilt als Frohnatur. Knallhart in der Sache, aber umgänglich. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 10. Toni Brunner ist Landwirt mit Leib und Seele – und zeigt dies auch gerne. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 10. Die SVP steht für eine restriktive Einwanderungspolitik und kämpft gegen den Einfluss der EU. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 10. In seiner Freizeit ist Toni Brunner ein leidenschaftlicher Kicker. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 10. Vor eigenem Publikum fühlt sich Toni Brunner wohl: Delegiertenversammlung der SVP im Februar 2015. Bildquelle: Keystone.