Noch im Jahr 2015 war die Aufnahme von Flüchtlingen im Kanton Aargau keine Erfolgsgeschichte. 213 Gemeinden, rund ein Drittel, zahlten lieber, als sich des Problems anzunehmen.
Doch kein Jahr später hat sich das Blatt nahezu komplett gewendet. Nur noch neun Gemeinden nehmen zu wenig Menschen auf. Gut möglich, dass die seit Anfang Januar geltenden schärferen Regeln das ihre dazu beigetragen haben. Wer keine Flüchtlinge aufnimmt, muss pro Person und Tag 110 Franken zahlen, eine Art Busse.
Aufnahme lief besser als erwartet
Lieber zahlen als aufnehmen, lautete 2015 in Sisseln noch das Motto. Doch das hat sich mittlerweile geändert. Zwei Familien wohnen seit einem halben Jahr im Ort – problemlos.
«Wir haben die Bevölkerung rechtzeitig informiert, damit erst gar keine negativen Meinungen aufgekommen», sagt der Vize-Gemeindeammann Urs Schmid. Die Aufnahme der Syrer sei besser gelaufen als erwartet. «Stand heute ist die Bevölkerung mit dem Zustand, den wir jetzt haben, zufrieden.»
«Integration gelingt am besten in Gemeinden»
Beim Kanton nimmt man diese Entwicklung auf Gemeindeebene erfreut zur Kenntnis. «Das ist eine Erfolgsgeschichte, weil es unsere kantonale Unterkunft entlastet und die Leute dorthin kommen wo sie hingehören, nämlich in die Gemeinden – da, wo sie am besten integriert werden können», sagt Regierungsrätin Susanne Hochuli. Dass sich die Gemeinden nun anstrengen und Menschen aufnehmen, freue sie.
SVP: Umdenken erfordert Ungehorsam
Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten. Drei Gemeinden haben gar niemanden aufgenommen. Grund ist fehlender Wohnraum – ausser in Oberwil-Lieli. Hier geht es ums Prinzip. «Das mag unsolidarisch wirken, aber wir müssen ein Zeichen gegen die völlig verfehlte Asylpolitik setzen», sagt Gemeindeammann Andreas Glarner.
Der SVP-Asylchef und Nationalrat weiss vermutlich um die schlechte Aussenwirkung für die Gemeinde. Doch wer ein Umdenken einleiten wolle, der müsse zuweilen auch ungehorsam sein.
Herkunft zweitrangig
Umgedacht haben die Einwohner von Sisseln auch – nur eben ganz anders als in Oberwil-Lieli. Die beiden syrischen Familien danken es ihnen auf ihre Weise. Sie sind um Integration bemüht, erlernen die Sprache und die Väter kicken im örtlichen Fussballverein.
Hier sieht man die Angelegenheit pragmatisch. «Es geht in erster Linie darum, ob sie in die Mannschaft passen und erst in zweiter darum, woher sie kommen», so Fabian Waldmeier. Kann man so sehen – sollte man so sehen.