Der Staatsrechtler Markus Schefer kann die Argumentation der Richter in Lausanne durchaus nachvollziehen. Dieses hat einen Rechtsextremen freigesprochen, der auf einer Pnos-Veranstaltung auf dem Rütli den Hitlergruss gezeigt hatte.
Hitlergruss unter Gleichgesinnten ist legal
«Das Urteil überrascht mich nicht, inhaltlich überzeugt es mich», sagt Staatsrechtler Schefer von der Uni Basel. Es sei auch geradlinig begründet. «Das Grundrecht verbietet es nicht, ein Nazi zu sein», führt Schefer aus. Verboten sei eine Meinungsäusserung erst dann, wenn dadurch ein Problem entstehe.
«Wenn sich Nazis unter Gleichgesinnten den Hitlergruss machen, dann überzeugen sie niemanden, es gibt keine relevante Aussenwirkung.» Deshalb gebe es nach dem geltenden Gesetz auch keinen Grund, dies zu verbieten, so der Basler Staatsrechtler.
Anzeige kann gegenteilige Wirkung haben
Samuel Althof von der Fachstelle Extremismus- und Gewaltprävention weist darauf hin, dass eine Strafanzeige nicht immer das geeignete Mittel ist, um gegen Rechtsextreme vorzugehen. «Eine Anzeige kann dazu führen, dass sich Rechtsextreme bestätigt fühlen», sagt er. Etwa bei einem Freispruch, wie im vorliegenden Fall.
Wenn man Rechtsextremismus bekämpfen wolle, müsse man auch mit den Menschen sprechen, ihnen zuhören und herausfinden, welche Geschichten im Hintergrund stehen, so Althof weiter. Eine Anzeige sei deshalb oft nicht zielführend, ja könne sogar das Gegenteil bewirken.
Enttäuschung bei Antirassismus-Kommission
Für lange Gesichter sorgt der Richterspruch aus Lausanne bei der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus. «Der Hitlergruss bleibt inakzeptabel – ob er nun strafbar sei, oder nicht», sagt ihre Präsidentin Martine Brunschwig Graf. Sie befürchtet, dass das Urteil ein falsches Signal aussende, etwa im Sinn von: Was nicht strafbar ist, ist auch salonfähig.
Es stellt sich die Frage, wo die Grenze zwischen privater Gesinnungsbekundung und öffentlicher Werbung liegt. Die Frage sorgt seit langem für Diskussionen. Vor zehn Jahren schlug die Rechtskommission des Nationalrats eine Verschärfung des Antirassisums-Strafartikels vor. Sie wollte die öffentliche Verwendung von rassistischen Symbolen allgemein verbieten. Doch der Bundesrat befand damals, so ein Verbot durchzusetzen werde schwierig.