Der Prozess gegen den ehemaligen HSBC-Mitarbeiter Hervé Falciani hat in Bellinzona begonnen. Weil dieser aber nicht vor dem Bundesstrafgericht erschienen ist, wurde die Verhandlung bereits kurz nach Beginn vertagt. Die Verhandlung soll nun am zweiten November stattfinden. Allerdings wird Falciani laut seinem Anwalt auch zu diesem Termin voraussichtlich nicht erscheinen. In diesem Fall könnte die Verhandlung trotz Falcianis Abwesenheit durchgeführt werden.
Der Vorwurf gegen den IT-Mitarbeiter lautet unter anderem auf unbefugte Datenbeschaffung und Verletzung des Bankgeheimnisses. Laut SRF-Korrespondent Alexander Grass bestreitet Falcianis Anwalt die Vorwürfe nicht. «Doch Falciani hält die Schweizer Behörden auf einem Auge für blind, wie sein Anwalt gegenüber Journalisten sagte.»
Bankgeheimnis verbarg kriminelle Aktivitäten
So habe Falciani Mühe damit, dass er als einziger verfolgt werden solle. Und dies, wo doch die Daten der HSBC aufgezeigt hätten, dass die Banken Personen mit kriminellen Hintergründen als Kunden betreut hätten – und dies durch das Bankgeheimnis gedeckt worden sei. «Falciani kritisiert, dass all diese Kunden nicht verfolgt worden seien, er aber vor Gericht lande.»
Laut Paolo Bernasconi, der die geschädigten Bankkunden vertritt, ist der Prozess gegen Falciani aber ohnehin aus der Zeit gefallen. «Falciani hat das gemacht, was mit dem Automatischen Informationsaustausch ohnehin zum Standard wird: der automatische Austausch von Kundendaten.»
Datenklau in grossem Stil
Hervé Falciani soll zwischen Oktober 2006 und Dezember 2008 bei der Tochter der britischen Grossbank HSBC in Genf als IT-Mitarbeiter unzählige interne Bankinformationen und solche von Kunden kopiert und entwendet haben.
Ende 2006 soll Falciani gemäss Anklageschrift Informationen zu 75 Prozent der bei der HSBC eröffneten Konten gestohlen haben. Die Daten soll er anderen Instituten, aber auch ausländischen Behörden angeboten haben. Falciani soll deutsche, englische, italienische, spanische und französische Behörden anvisiert haben.
Untersuchung gegen Bank eingestellt
Öffentlich wurde der Fall im Zuge der «Swissleaks»-Affäre. Journalisten des internationalen Recherchenetzwerks ICIJ enthüllten auf der Basis von Falcianis Daten Geschäftspraktiken der Schweizer Tochter der HSBC. Der Bank wurde vorgeworfen, Wohlhabenden aus aller Welt bei Steuerhinterziehung und Geldwäscherei geholfen zu haben.
Die Strafuntersuchung gegen die HSBC Genf wegen qualifizierter Geldwäscherei wurde nur wenige Monate nach der Eröffnung eingestellt. Die Bank zahlte im Rahmen einer Vereinbarung zur Beilegung der Sache 40 Millionen Franken an den Kanton Genf.
Keine Auslieferung durch Spanien
Falciani ist französisch-italienischer Doppelbürger. Nach einer Befragung durch die Justiz im Jahr 2008 floh er ins Ausland. 2009 wurde er international zur Verhaftung ausgeschrieben und im Sommer 2012 in Barcelona festgenommen.
Dort verbrachte er mehrere Monate in Auslieferungshaft. Im Mai 2013 entschied der spanische Gerichtshof schliesslich, Falciani nicht an die Schweiz auszuliefern.