Ohne Bienen hätten Landwirte ein Problem. Denn Bienen bestäuben einen grossen Teil ihrer Kulturen. Aber ausgerechnet die Landwirte sind vielleicht mitverantwortlich für den Tod von Millionen Bienen. Wissenschaftler sehen jedenfalls einen klaren Zusammenhang zwischen dem Bienensterben und dem Einsatz von Pestiziden.
Die Chemie-Firmen sehen das ganz anders. Nun beschäftigt sich die Politik mit dem Thema. In der aktuellen Sommer-Session behandeln gleich drei Vorlagen das Bienensterben.
Gifteinsätze haben keine Zukunft
Peter Gallmann ist Bienenforscher an der Eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope. Gallmann sagt deutlich: «Es muss ein Umdenken stattfinden. Die grossen Gifteinsätze in der Landwirtschaft haben keine Zukunft.» Denn bestimmte Nervengifte, sogenannte Neonicotinoide, hätten nachweisbar negative Auswirkungen auf die Honigbienen. Gallmann sieht aber auch andere Ursachen für das Bienensterben: Etwa Nahrungsmangel. Und die Varoamilbe.
Die EU und die Schweiz haben den Einsatz der Nervengifte in der Landwirtschaft kürzlich auf bestimmte Zeit verboten. Ab 1. Dezember dürfen einige Insektizide wohl mindestens zwei Jahre lang nicht eingesetzt werden.
Agrochemiekonzerne wie Syngenta und Bayer bestreiten die Vorwürfe der Forschung: Es gebe keine Langzeitstudien über einen Zusammenhang zwischen Bienentod und Pestiziden.
Ein Interessenkonflikt?
Syngenta geht nun in die Offensive – bei gemeinsamen Auftritten von Vertretern des Konzerns, des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) und der Forschung. Bei diesen Auftritten wirbt der Konzern für seine Sicht der Dinge, sprich: für die positiven Seiten der Agrochemie.
Das BLW hat mit dieser Werbung offenbar kein Problem. Vizedirektorin Eva Reinhard bestreitet einen Interessenkonflikt: «Für das Bundesamt für Landwirtschaft ist es wichtig, mit allen zu reden und zu diskutieren», sagt sie gegenüber der «Rundschau».
Urs Niggli leitet die Forschungsanstalt für Biologischen Landbau (FIBL) im aargauischen Frick. Einige Projekte seines Instituts werden von einer Syngenta-Stiftung mitfinanziert. Niggli sagt: «Politik, Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten in der Landwirtschaft relativ eng zusammen.» Das sei weltweit so, und dieses Miteinander habe seine Berechtigung. Aber, sagt er selbstkritisch: «Es hat auch negative Seite: Die Umwelt kommt dabei etwas unter die Räder.»