Scharfe Umsetzung oder mildere Umsetzung mit Ausnahmen? Diese Frage stellte sich dem Bundesrat bei der Pädophilen-Initiative, die das Volk vor zwei Jahren mit 63,5 Prozent deutlich angenommen hat.
Vor einem Jahr präsentierte die Landesregierung daher zwei Umsetzungsvarianten: Eine scharfe ohne Ausnahmen, wonach verurteilte Sexualstraftäter automatisch ein lebenslanges Tätigkeitsverbot erhalten, etwa als Lehrer. Der Bundesrat hat sich nun nach der Vernehmlassung für die mildere Variante entschieden: Es soll Ausnahmefälle und einen Ermessensspielraum für Richter geben.
Ich bin enttäuscht von der Umsetzung des Bundesrats.
Dies sehr zum Ärger vom SVP-Nationalrätin Natalie Rickli vom Initiativkomitee: «Ich bin befremdet über den Vorschlag des Bundesrates, aber auch über die Kommunikation. Er suggeriert, dass es keine Ausnahmen gäbe. Wenn man aber die Details liest, gibt es unzählige Ausnahmen.» Das Volk habe hier ganz anders entschieden, und der Initiativtext sei glasklar.
Jugendliebe als Ausnahme unbestritten
Als Ausnahmefall gilt unter anderem die Jugendliebe, also wenn etwa ein 20-jähriger Mann mit einer 15-jährigen Freundin einvernehmlichen Sex hat. Auch die Initiantinnen und Initianten selber argumentierten damit, die Jugendliebe sei nicht von der Initiative erfasst.
Allerdings nennt der Bundesrat nun weitere denkbare Ausnahmen, wo es nicht um Pädophilie geht: Zum Beispiel die Kioskverkäuferin, die einem Minderjährigen ein Sex-Heftli verkauft. Oder wenn sich Jugendliche und junge Erwachsene selbstproduzierte Sexfilmchen zuschicken.
Überprüfung nach zehn Jahren
Eine Ausnahmeregelung sei nötig, argumentiert der Bundesrat: Sonst widerspreche die Neuregelung anderen Bestimmungen in der Verfassung, etwa dem Verhältnismässigkeitsprinzip, oder sie kollidiere mit der Menschenrechtskonvention.
Auch deshalb bleibt der Bundesrat bei einer weiteren Milderung: Ein Tätigkeitsverbot soll nach zehn Jahren neu überprüft werden, ausser der Täter wurde von einem Psychiater für pädophil erklärt.
Bundesamt für Justiz verweist auf Vernehmlassung
Corine Klöti vom Bundesamt für Justiz im Departement Sommaruga erklärt: An dieser Überprüfbarkeit halte der Bundesrat fest, weil auch bei den anderen lebenslänglichen Strafen grundsätzlich eine Überprüfungsmöglichkeit vorgesehen sei. Auch sei diese Überprüfungsmöglichkeit im Vernehmlassungsverfahren von einer Mehrheit begrüsst worden.
Die Initianten hingegen lehnen diese Überprüfungsmöglichkeit ab. Nun befasst sich das Parlament mit dem Vorschlag des Bundesrats. Die Initianten hoffen, dass National- und Ständerat den Vorschlag des Bundesrats in ihrem Sinn abändern, hin zu einer scharfen Umsetzung ohne Härtefallklausel.