Die Schweiz wählt in einem Jahr das neue Parlament. Welche Ziele setzen sich die Präsidenten der Bundesratsparteien?
SVP-Parteichef Toni Brunner hält den Ball tief. Er will das vergangene Wahlresultat «konsolidieren», dieses möglichst nochmals erreichen. 2011 erreichte die SVP 26,6 Prozent der Wählerstimmen. Sie scheiterte dabei, wie angekündigt die 30-Prozent-Marke zu knacken. Neue Hauptbotschaft: «Wer nicht will, dass der Bundesrat Richtung EU marschiert und auch keine Verhandlungen über eine stärkere Anbindung an die Europäische Union führt, muss die SVP stärken.»
Zulegen will SP-Präsident Christian Levrat: «Wir stehen für eine solidarische Schweiz mit guten Arbeitsbedingungen und anständigen Löhnen. Wir wollen keine Rentensenkung und kein höheres Rentenalter.» Ueber 20 Prozent will Levrat diesmal schaffen. Letztes Mal waren es 18,7 Prozent.
Philipp Müller gibt seiner FDP (2011: 15,1 Prozent) vor, die SP zu überrunden. «Das ist kein absurdes Ziel. Die Erfahrungen im Kanton Aargau haben gezeigt, dass es möglich ist, zweitstärkste Partei zu werden.»
CVP-Präsident Christophe Darbellay (2011: 12,3 Prozent) will zwei Prozent mehr: «Wir wollen in Sachen Familienpolitik, Mittelstandspolitik und Arbeitsplätze die Nummer 1 bleiben».
Bei der BDP soll es deutlich mehr sein. Sie will den Status der Mini-Partei überwinden: Statt 5,4 Prozent schweben Martin Landolt «etwa 7,5 Prozent» der Wählerstimmen vor. Als Fernziel bleiben es über 10 Prozent.
Der lange Schatten des 9. Februar 2014
Auch wenn alle noch so gerne ihre eigenen Inhalte in der Vordergrund rücken wollen: Die Annahme der SVP-Zuwanderungsinitiative wird die Debatte auf längere Sicht hinaus bestimmen.
FDP-Präsident Philipp Müller verlangt, dass die Schweiz ihr Verhältnis zu Europa nachhaltig regelt. Linke und Rechte sägten am Pfeiler des Erfolgsmodells Schweiz.
Dem angekündigten Zusammenrücken von CVP und BDP mag er deswegen auch Vorteile abgewinnen. Auch wenn er darin vorab den Willen zur Absicherung des Sitzes von BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf sieht.
Heftige Kritik an Wirtschaft
Unverhofft deutlich ist Müllers Kritik an den Wirtschaftsverbänden: Diese hätten mit ihrer erneuten Forderung nach ausländischen Arbeitskräften nicht verstanden, was das Volk verlange.
Auch CVP-Präsident Darbellay verlangt, dass das Migrationsproblem angegangen werden müsse, angesichts einer Nettozuwanderung von mittlerweile über 100'000 Menschen im vergangenen Jahr.
Im Gegensatz zur BDP, die eine erneute Volksabstimmung verlangt, wollen SVP und FDP auf dem eingeschlagenen Kurs voranschreiten und den Bundesrat nach einer Lösung suchen lassen.
SP-Präsident Levrat glaubt gar, dass die Zuwanderungsinitiative seiner Partei helfe: Die Diskussion über die notwendigen sozialen und politischen Massnahmen zur Umsetzung der Initiative werde sich zum Bumerang für die SVP entwickeln.
Die geschwungene Nazi-Keule
Dass er und Martin Landolt der SVP «faschistoide Tendenzen» anhängten, verteidigte Levrat damit, dass die SVP mittlerweile die demokratische Substanz der Schweiz infrage stelle.
CVP-Präsident Darbellay wollte die angriffige Rhetorik seines BDP-Bündnispartners Landolt nicht kommentieren. Und stellte fest, es sei in den letzten Monaten schwieriger geworden, mit der SVP zusammenzuarbeiten.
Was hat die SVP-Politik mit der damaligen Massenvernichtung zu tun, fragte Toni Brunner. Die Menschenrechte seien in der Verfassung verankert. Seine Partei wolle wissen, ob dabei internationales Recht dem nationalen Recht vorgehe, und ob das Volk noch das letzte Wort habe.
Auch FDP-Präsident Philipp Müller wehrte sich: Es gehe nicht an, dass mit der Nazi- und Faschistenkeule Politik gemacht werde. Um nahtlos auch der SVP am Zeug zu flicken: Gerade im Asylbereich gebe es bereits Lösungen, die vom Volk gutgeheissen worden sind. Die müsse man bloss umsetzen. Darüberhinaus brauche es keine weiteren Initiativen.