Ob Hervé Falciani ein Held ist, der gegen Steuerflucht ankämpfte, oder ob er schlicht ein Wirtschaftskrimineller ist, der das Schweizer Bankgeheimnis verletzt hat - diese Frage hat das Bundesstrafgericht in Bellinzona juristisch geklärt: Es verurteilte den Datendieb zu fünf Jahren Haft wegen Wirtschaftsspionage.
Steuerbehörden in mehreren Ländern haben von Falcianis Daten profitiert: Sie konnten wohl mehrere hundert Millionen Franken generieren.
November 2015
Die Bundesanwaltschaft zerrt Hervé Falciani vor das Bundesstrafgericht. Sie wirft ihm unter anderem unbefugte Datenbeschaffung und Verletzung des Bankgeheimnisses vor. Falcianis Darstellung, als «weisser Ritter» gehandelt zu haben, sei ein Lügengespinst, so Carlo Bulletti, der die Bundesanwaltschaft vertritt. Er fordert im Prozess, der in Abwesenheit des Angeklagten geführt wird, eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Die Verteidigung will hingegen eine bedingte Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren.
Oktober 2015
Hervé Falciani präsentiert an einer Medienkonferenz wenige Tage vor Prozessbeginn ein Buch, in dem er seine Sicht der Dinge darstellt. Der mittlerweile 43-Jährige tut das unmittelbar vor der Schweizer Grenze, aber noch auf französischem Terrain, um vor der Schweizer Justiz sicher zu sein.
Juli 2012
Der mutmassliche Datendieb wird in Spanien verhaftet. Grundlage ist ein internationaler Haftbefehl der Schweizerischen Bundesanwaltschaft. Im Mai 2013 entscheidet Spanien allerdings, dass Falciani nicht an die Schweiz ausgeliefert wird. Auch in Italien und Frankreich kann sich Falciani frei bewegen, weil er Doppelbürger dieser beiden Länder ist.
Februar 2008
Im Februar 2008 reist Falciani unter einem Pseudonym in den Libanon. Mit einer Komplizin will er dort Daten über sieben französische HSBC-Kunden andern Privatbanken anbieten. Der Fall fliegt auf, weil die Angestellte einer dieser Banken die Schweizerische Bankiervereinigung informiert.
Im Mai 2008 eröffnete die Bundesanwaltschaft nach Hinweisen ein Strafverfahren. Sie ist überzeugt, dass Falciani die Kunden an die Konkurrenz vermitteln wollte - gegen Geld.
2001-2008
Hervé Falciani arbeitet mehrere Jahre lang bis 2008 als Informatiker bei der britischen Grossbank HSBC. In der Genfer Niederlassung soll der französisch-italienische Doppelbürger riesige Bankdaten gestohlen und später verschiedenen Staaten angeboten haben, so die Anklage der Bundesanwaltschaft. Der Fall schlägt in der Folge riesige Wellen und sorgt zeitweise gar für Verstimmungen zwischen der Schweiz und Frankreich.