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Schweiz Hilfe, ich werde gefahren!

Können Sie sich vorstellen in einen Flieger, Zug oder ein Postauto zu steigen, in dem kein Pilot, Lokführer oder Chauffeur sitzt? Zumindest im Postauto können Sie das seit heute in Sitten ausprobieren. Andere Fortbewegungsmittel schwächeln hingegen in dieser Beziehung – auch die Züge. Weshalb?

In Sitten werden seit heute zwei Postauto-Minibusse die Fussgängerzone der Altstadt befahren, das touristische Zentrum und die Strassen, die zu den Schlössern Tourbillon und Valère führen. Das allein wäre noch keine Meldung wert, würden die Shuttles nicht ohne Chauffeur unterwegs sein.

Walter von Andrian

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Legende: srf

Der Bahnfachmann und Diplomingenieur ist seit 1978 Herausgeber und Chefredaktor der «Schweizer Eisenbahn-Revue». Zuvor studierte er an der ETH Zürich Elektrotechnik.

Zwei Jahre soll der Versuch dauern. Und für alle Angsthasen: Im Bus befindet sich immer eine Person, die im Fall der Fälle den Nothalt betätigen würde. Während das Postauto also strammen Schrittes Richtung automatisiertes Fahren marschiert, tut man sich bei Zügen damit noch etwas schwerer.

Nicht ohne Grund, meint der Chefredaktor der «Schweizer Eisenbahn-Revue», Walter von Andrian. Denn «in einzelnen Fragen mögen technische System dem Menschen durchaus überlegen sein.» Doch wenn es um komplexe Ereignisse gehe und ein Gesamtüberblick notwendig werde, brauche es immer noch den Menschen.

Fortschritt zumeist unter der Erde

Gänzlich anders ist die Sicht von Lars Thomsen. Denn zu vieles spricht laut dem Zürcher Zukunftsforscher für eine vollautomatisierte Bahnfahrt. «Computer ermüden nie und können nicht abgelenkt werden. Sie verarbeiten schon heute mehr als 30 Impulse pro Sekunde – der Mensch bringt es auf lediglich 15. Und, im Verbund mit Radar und Wärmebildkameras sieht der Computer auch in der Nacht und bei Starkregen oder Nebel jedes Signal und Hindernis auf der Strecke.»

Rein von der Technologie sei das vollautomatisierte Fahren bei der Bahn bereits in fünf Jahren möglich, so Thomsen. Doch ob es so kommt, da ist auch der Berufsoptimist für einmal skeptisch. Aus zwei Gründen: Zum einen würden zahlreiche Lokführer ihren Job verlieren und zum anderen gebe es in der Gesellschaft noch viele Ängste vor Hackern und Fehlermanipulationen, so Thomsen.

Lars Thomsen

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Der Gründer des in Zürich ansässigen Think Tanks «future matters» gehört zu den weltweit führenden Zukunftsforschern. Er berät Unternehmen und regierungsnahe Stellen bei der Entwicklung von Zukunftsstrategien. Ein Schwerpunkt seiner Forschung liegt auf der Berechnung von Zeitpunkten, ab denen neue Technologien beginnen, Althergebrachtes abzulösen.

Andernorts scheinen die weniger ausgeprägt zu sein. Teile der Metro in Paris und Lille, Dubai, Nürnberg, Kopenhagen, Rom und Wien sind bereits ohne Lokführer unterwegs. Das längste Streckennetz ohne Chauffeur findet sich mit knapp 70 Kilometern im kanadischen Vancouver.

Pünktlichkeit spricht gegen den Menschen

Dass es sich dabei nahezu ausschliesslich um U-Bahnen handelt, hat für Walter von Andrian einen Grund. Denn «auf unterirdischen Gleisen ist die Wahrscheinlichkeit einer Störung, egal ob umgestürzter Baum oder Kuh, beziehungsweise eines Eingriffes relativ gering.»

Bei normalen Bahnstrecken könne aber genau das nicht garantiert werden. «In naher Zukunft halte ich das Fahren ohne Lokführer für unwahrscheinlich», so der Bahnexperte. Zwar werde viel spekuliert, aber das finde stets am grünen Tisch statt – wenig realistisch und von den tatsächlichen Anforderungen losgelöst.

Also viel Wirbel um Nichts? Mitnichten, meldet sich noch einmal der Zukunftsforscher zu Wort. «Wenn erst einmal die vermeintlichen Schwachstellen ausdiskutiert und beseitigt sind, dann wird man feststellen, dass zwei Dinge durch ein Fahren ohne Lokführer gewonnen werden: Sicherheit und Pünktlichkeit.» Und da insbesondere Letzteres den Schweizern hoch und heilig sei, werde am automatisierten Fahren früher oder später kein Weg mehr vorbeiführen, so Thomsen. «Punkt.»

(SRF4 News, 17 Uhr)

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