Nach dem Entscheid der Nationalbank, wieder freie Wechselkurse beim Euro einzuführen, ging ein Aufschrei durch das Land. Die Exportwirtschaft sieht mit der Kursparität von Franken und Euro riesige Probleme auf die Schweiz zukommen.
Als 2011 die Schweizer Wirtschaft unter dem starken Franken litt, reagierten Bundesrat und Parlament rasch. Mit 870 Millionen Franken unterstützte der Bund die schweizerische Exportwirtschaft und die Arbeitslosenversicherung.
Keine Dringlichkeit im Parlament
Ist eine Neuauflage solcher Stützungsmassnahmen derzeit notwendig? Wenn man sich bei Wirtschaftspolitikern und Parteipräsidenten umhört, ist dies bei aller Sorge um das Wachstum keine dringendes Thema.
Entscheidend sei, auf welchem Niveau sich der Eurokurs nun einpendle, lautet der Tenor. Liege der Euro zwischen 1,05 und 1,10 Franken, brauche es kein Hilfspaket, sagte etwa der Urner CVP-Ständerat Isidor Baumann.
Auch Nationalrat Thomas Matter (SVP/ZH) sieht nach wie vor die Nationalbank am Zug. Diese habe angekündigt, wieder am Währungsmarkt einzugreifen, sollte die Bewertung des Frankens aus dem Ruder laufen. «Das ist der Weg, den man im Moment gehen muss», sagte Matter. Trotz reduzierter Wachstumsprognosen sei ein ordnungspolitischer Eingriff wie ein Hilfspaket nicht nötig.
Warnung vor Schnellschüssen
Roberto Zanetti (SP/SO), Präsident der ständerätlichen Wirtschaftskommission, warnt: «Überstürzte Reaktionen sind oft falsch.» Dass aber etwa der Tourismus ein «riesiges Problem» bekommen werde, steht für Zanetti ausser Frage.
Statt einem Hilfspaket wie 2011 wäre für ihn eine Revision des Kartellgesetzes wichtiger oder eine eigentliche Industriepolitik. Und Zanetti stellt sich die Frage, ob nicht auch gewisse schmerzhafte Strukturreformen nötig wären.
Auch FDP-Nationalrat Andrea Caroni (AR) winkt ab: «Das kommt zu spät, geht an die Falschen und verpufft ohnehin wirkungslos.» Was die Wirtschaft brauche, seien langfristig gute Rahmenbedingungen. Caroni denkt insbesondere an eine Klärung des Verhältnisses zu Europa und die Ausweitung des Freihandels.
Martin Landolt, Präsident der BDP, stellt sich zwar nicht grundsätzlich gegen ein Hilfsprogramm des Bundes. Man werde sich nicht wehren, wenn es sinnvolle Möglichkeiten gebe, die Wirtschaft zu stützen.
Aber die SNB habe mit der Euro-Mindestgrenze in den letzten drei Jahren die Wirtschaft unterstützt. «Das war temporär begrenzt. Diejenigen, die diese Zeit genutzt haben, haben gut und vorausschauend gehandelt», meint Landolt.
Anlässlich des Parteitags der Grünen ärgerte sich Co-Präsidentin Regula Rytz über gewisse Forderungen aus der Wirtschaft, die Energiestrategie 2050, also die Energiewende, zu stoppen, um Mittel freizubekommen.
Sie sagte der «Tagesschau», dass die Schweiz jedes Jahr 13 Milliarden Franken bezahle, um Energie zu kaufen aus Russland, aus Saudi-Arabien und aus zum Teil sehr unsicheren Staaten. «Wenn wir dieses Geld in die lokale Wirtschaft investieren, können wir sehr viel für den Arbeitsmarkt in der Schweiz tun.»
Millionen für die Wirtschaft im Herbst 2011
Im Herbst 2011 war der politische Druck so stark, dass das Parlament auf Antrag des Bundesrats kurz vor den eidgenössischen Wahlen ein dringliches Hilfspaket über 870 Millionen Franken verabschiedete.
Davon flossen 500 Millionen Franken in die Arbeitslosenversicherung für Kurzarbeitsentschädigungen. 212,5 Millionen wurden für Forschung und Innovation zur Verfügung gestellt und 100 Millionen für Hotel-Kredite.
Ein geplantes zweites und noch grösseres Hilfspaket liess der Bundesrat später aber fallen. Grund war, dass die von der Nationalbank in der Zwischenzeit festgelegte Kursuntergrenze zum Euro viel direkter gegen den starken Franken wirkte.