«Hier oben auf dem Theaterdach, das ist meine Idylle», sagt Robert Vögtli. 39 Jahre lang hat der Mann mit dem verschmitzten Gesichtsausdruck als Beleuchter am Theater gearbeitet. Jetzt ist er pensioniert. Und seit drei Jahren amtet er im Auftrag des Theaters als Jung-Imker.
Fünf Bienenstöcke stehen mittlerweile auf dem Theaterdach, einem Flachdach. Es bietet nicht nur Platz für Bienen, sondern auch für viele Pflanzentöpfe. Die Bienenpflege erfülle ihn mit Freude, sagt Vögtli. Früher wäre dieses Engagement für ihn undenkbar gewesen, meint er: «Als junger Mensch hatte ich andere Interessen. Es braucht das Verantwortungsgefühl, dass man regelmässig zu den Bienen schauen will.»
Bienen im Hochhaus?
Diese Hingabe freut Hanspeter Schweiger, den kantonalen Bieneninspektor. Auch der Standort sei vorzüglich: «Die Anwohner werden nicht direkt mit den Bienen konfrontiert. Die Häuser sind einige Meter vom Bienenstand entfernt.»
Für den Basler Bieneninspektor ist das Theaterdach ein Glücksfall. Er erhält immer mehr Anrufe von Anwohnern von Bienenvölkern. Oft fühlen sie sich belästigt von den Bienen des Nachbarn. Er erhält auch Anrufe aus Schulen oder Altersheimen, weil in deren Nähe plötzlich Bienenschwärme auftauchen.
Das wundert ihn aber nicht: Die Bienendichte ist in Basel-Stadt doppelt so hoch wie angebracht. Immer mehr Menschen wollen an zum Teil unmöglichen Orten Bienen halten. «Der erstaunlichste Wunsch nach Bienenhaltung war in einem Hochhaus im 12.Stockwerk», erzählt Schweiger. «Der Imker wollte zwei Magazine bei sich auf dem Balkon halten. Die Nachbarn links und rechts wären extrem gestört gewesen. Ich musste ihm sagen, dass das nicht geht.»
Allerdings hat der Bieneninspektor gesetzlich wenig in der Hand um, das Imkern zu verbieten.
Die Welt mit Bienen retten
Viele der Stadt-Imker meinten es gut, sagt der Präsident des Basler Imkervereins Remigius Hunziger. «Bei einigen ist es die Idee, man sollte die Welt retten und sollte etwas machen für die Bienen. Sinnvoller wäre, man würde Honig beim Imker kaufen und Blumen pflanzen, die Nektar und Pollen spenden.» Dann hätten die Bienen genug zu essen.
Denn hungrige Bienen werden aggressiv, und das kann für Menschen unangenehm werden. Auch für die Bienen selber wird die Überpopulation zum existenziellen Problem. «Wenn ungepflegte Bienenstände in der Gegend stehen, ist das Problem, dass das Risiko für Krankheiten riesengross ist», erklärt der Präsident des Vereins. «Es besteht die Gefahr, dass die Varoa-Milbe wieder zurückkommt und schliesslich ein Zusammenbruch der Völker stattfindet.»
Kranke Bienen von Hobby-Imkern mit wenig Wissen infizieren gesunde Bienen. Die Imker realisieren nicht, dass ihr Bienenvolk krank ist. Bienenkrankheiten verbreiten sich aufgrund der hohen Bienendichte schnell verbreiten. Das Ergebnis ist verheerend.
Fähigkeitsausweis für Imker gefordert
Diese Angst vor einer Verbreitung von Krankheiten beschäftigt auch den Verband der Deutschschweizer Bienenfreunde. Doch diese Angst müsste nicht sein, finden die Fachleute.
Der Gesetzgeber könnte Abhilfe leisten, etwa mit einem Fähigkeitsausweis für Imker. Aber, sagt der baselstädtische Imkervereinspräsident Hunziker, bei der Politik sei die Einsicht noch nicht angekommen, dass es diesbezüglich Druck brauche. «Es braucht eine Ausbildung, fundiertes Wissen, um Bienen halten.»
Eine Ausbildung, die auch klar macht, dass es für Bienenhalter etwa keine Sommerferien gibt. In dieser Zeit ist die Bienenpflege am intensivsten. Mit der Feriensperre kann der der pensionierte Jung-Imker auf dem Basler Theaterdach gut umgehen: «Ich bleibe zu Hause. Ich habe Ferien bei mir zu Hause und das ist mein Paradies.»