Es ist das Aushängeschild der ETH Lausanne: Das «Human Brain Project». Forscher sind daran, ein menschliches Hirn zu simulieren. Die EU erachtet das Projekt als so bedeutend, dass sie es mit einer halben Milliarde Euro unterstützt.
Lausanne plante für die Forscher bereits einen eigenen Campus: Neuropolis – Stadt des Gehirns. 100 Millionen Franken hätte der Bau gekostet. 35 Millionen wollte der Kanton Waadt beisteuern.
Genf statt Lausanne
Doch nun kommt alles anders: Das Prestigeprojekt zieht nach Genf. Neuropolis wird nicht gebaut. Wenig verwunderlich kocht das Blut in Lausanne. Vordergründig gibt man sich zwar konziliant. «Die Waadtländer Regierung nimmt den Entscheid zur Kenntnis», sagte Staatsrat Pascal Broulis (FDP).
Doch hintergründig kommt der Entscheid für viele überraschend. Schliesslich herrscht zwischen den Universitäten der beiden Grossstädten eine ähnlicher Konkurrenzkampf wie zwischen Zürich und Basel.
Zeit der entscheidende Faktor
Was gab den Ausschlag für den Entscheid? Wie jedes wissenschaftliche Grossprojekt steht auch das «Human Brain Project» unter Zeitdruck. Der Spatenstich für den Campus in Lausanne ist noch nicht einmal erfolgt.
Auf der andern Seite verfügt Genf bereits über ein bestehendes Gebäude, nämlich den ehemaligen Sitz von Merck Serono. Die milliardenschweren Investoren Ernesto Bertarelli und Hansjörg Wyss hatten das Gelände im Mai gekauft. Sie wollen dort ein Forschungszentrum für Gesundheit, Biotechnologie und Life Science errichten.
«Wir gewinnen drei bis vier Jahre mit dem Umzug auf den Biotech-Campus», sagt Jérôme Grosse, Mediensprecher der ETH Lausanne.
Dazu kommen die Finanzen: Genf zahlt in den nächsten 30 Jahren jeweils eine Million Franken jährlich. Unter dem Strich ist das Projekt in Genf somit besser abgesichert.
Positive Auswirkungen auf die Region
Die Investitionsfreude der Stadt kommt nicht von ungefähr: Sie will sich mit dem Leuchtturmprojekt im Bereich Neurowissenschaften international etablieren. Davon dürfte die ganze Region profitieren – auch Lausanne.