Wenn Schweizer Unternehmen zuerst in der Schweiz nach Angestellten suchen müssten, bevor sie jemanden aus dem Ausland anstellen, müsste man die Zahl der Zuwanderer nicht plafonieren. Das sagt FDP-Präsident Philipp Müller in der «NZZ am Sonntag». Bei der EU hätte die Schweiz damit bessere Chancen, ist er überzeugt.
SRF News: Liegt Philipp Müller mit seiner Einschätzung bezüglich des Inländervorrangs richtig?
Christa Tobler: Nein, ich halte es ganz klar für ausgeschlossen, dass die EU das akzeptiert.
Weshalb würde Brüssel nicht darauf eingehen?
Weil es in den Augen der EU und nach den Prinzipien der Personenfreizügigkeit um eine klare Diskriminierung ginge. Eine Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit, und zwar – das muss man betonen – auch dann, wenn es «nur» ein Vorrang der im Inland wohnhaften Personen wäre, nicht ein Schweizer Vorrang. Auch das wäre eine Form der Diskriminierung.
Der FDP-Präsident sagt, der Inländervorrang sei ein weniger starker Eingriff in die Personenfreizügigkeit als etwa die Schutzklausel des Bundesrats. Stimmt das?
Nein, damit bin ich nicht einverstanden. Ein Vorrang nur für inländische Personen würde rechtlich gesehen eine sogenannte indirekte Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit darstellen. Das wäre eine Verletzung des absoluten Grundprinzips der Personenfreizügigkeit.
In Branchen, in denen es kaum Arbeitslose gebe, bliebe die Freizügigkeit bestehen, sagt Müller. Nur wo hohe Arbeitslosigkeit herrsche, müssten Inländer bevorzugt werden. Damit würde man der EU doch entgegenkommen?
Es läuft darauf hinaus, dass man versucht, die Verletzung der Personenfreizügigkeit zu rechtfertigen, indem man sagt, es gehe um die Arbeitslosigkeit. Aber das ist nach dem Prinzip, wie wir es in unserem bilateralen Abkommen mit der EU haben, so nicht möglich. Man kann nicht danach differenzieren, wo es gerade mehr oder weniger Arbeitslosigkeit gibt.
Das Gespräch führte Susanne Schmugge.