Kroatien ist seit 2013 Mitglied der EU und will von der Schweiz gleich behandelt werden wie die andern EU-Länder. Dem stimmt auch die Mehrheit der aussenpolitischen Kommission des Nationalrates zu.
Ausgerechnet deren Präsident ist wohl aber anderer Meinung: «Es gab Minderheiten, die die Sache anders gesehen haben und die der Meinung sind, dass es ein Verfassungsbruch ist, schon nur, den Bundesrat zu ermächtigen, zu verhandeln», sagt Roland Büchel. Er ist SVP-Nationalrat, seine Partei hatte vor zwei Jahren die Zuwanderungsinitiative erfolgreich durchgebracht.
Diese verlangt Höchstzahlen und Kontingente für Ausländerinnen und Ausländer, also das Gegenteil von Personenfreizügigkeit. Trotzdem soll der freie Personenverkehr nun auf Kroatien ausgedehnt werden: «Aus der Sicht der SVP ist dieser Beschluss sicher nicht ganz das, was die Partei erwartet hat», sagt Büchel. Sieben SVP-Mitglieder hat die aussenpolitische Kommission; sieben Gegenstimmen gab es.
Die EU nicht brüskieren
Die Kommissionsmehrheit aber glaubt – wie der Bundesrat – es sei immer noch möglich, mit der EU eine einvernehmliche Lösung bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative zu finden. Diese solle man nicht gefährden, indem man jetzt Kroatien und die EU brüskiere.
SP-Nationalrätin und Kommissionsmitglied Claudia Friedl sagt dazu: «Es ist einerseits ein wichtiger Schritt für die Normalisierung der Beziehungen zur EU, anderseits bedeutet es aber auch, dass die Schweiz weiterhin voll an den Forschungsprojekten der EU teilnehmen kann.»
Dabei denkt die studierte Naturwissenschaftlerin Friedl vor allem an Horizon 2020, das milliardenschwere europäische Förderprogramm für Forschung und Innovation: «Horizon 2020 bringt Forscherinnen und Forscher, Intelligenz, Ideen und auch Geld zusammen. Das ist auch für den Forschungsplatz Schweiz sehr innovativ.»
Verfassungsänderung nötig?
Alle Parteien – ausser der SVP – hoffen also, dass, wenn bis Ende Jahr das Kroatien-Protokoll unterschrieben und die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative auf guten Wegen sind, der Bildungs- und Forschungsstandort Schweiz in Europa gleichberechtigt bleibt. Wenn nicht, müsste man sich wohl eine Verfassungsänderung ernsthaft überlegen.