Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz durch die Rote Armee befreit. Es ist deshalb der 27. Januar, an dem jeweils an die Opfer des Holocaust erinnert wird.
Auch Bundespräsident Ueli Maurer hat gestern Sonntag eine Botschaft zum Gedenken veröffentlicht. Doch diese stösst nun auf Kritik.
Jüdische Organisationen in der Schweiz bedauern Maurers Äusserungen. Er lasse die «Schwächen und Irrtümer» der Politik der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs ausser Acht, kritisieren sie.
Keine kritische Auseinandersetzung
Der Bundespräsident habe zwar zu Recht erwähnt, dass die Schweiz während des Krieges eine «Insel für viele Bedrohte und Verfolgte» geworden sei.
Vergessen worden seien aber jene Flüchtlinge, die wegen der Haltung der Schweiz in den «sicheren Tod» abgeschoben worden seien, sowie die mutigen Fluchthelfer. Die Organisationen bedauern, dass der Bundespräsident heute die «notwendige» kritische Auseinandersetzung der Schweiz mit ihrer eigenen Vergangenheit unerwähnt lasse.
Auf Anfrage von Radio SRF teilte die Presseabteilung von Bundespräsident Maurer heute folgendes mit: Eine kurze Erklärung, wie die gestern veröffentlichte, sei nicht der geeignete Ort, um eine differenzierte Geschichtsdiskussion zu führen.
Die Leistung der Aktivdienstgeneration zu würdigen, sei aber auf jeden Fall gerechtfertigt.
«Negatives wird verdrängt»
Der Kritik der jüdischen Organisationen schliesst sich auch der Historiker Hans-Ulrich Jost an. Er war früher Professor an der Universität Lausanne und hat zur Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg geforscht.
In der schlimmsten Phase des 2. Weltkriegs hätten die Schweizer Behörden sehr hartherzig reagiert. Im Moment, als die grössten Verfolgungswellen in Deutschland stattfanden - also 1942 - da sei die Schweizer Grenze für die Juden gesperrt gewesen. Historische Dokumente zeigen, dass der damalige Bundesrat wusste, dass die Juden im Dritten Reich ermordet wurden.
Für den Historiker ist es befremdlich, dass Bundespräsident Maurer diese Tatsachen unerwähnt lässt. Obwohl in den 90er Jahren mit der Bergier-Kommission eine grosse Geschichtsaufarbeitung stattgefunden habe.
Aber in national-konservativen Kreisen werde das ignoriert, so Jost gegenüber Radio SRF. Man habe schon bei den Berichten der Bergier-Kommission gesehen, dass gewisse Kreise in der Schweiz nicht bereit seien, diese negativen Punkte anzuerkennen. «Deshalb werden sie immer wieder verdrängt.»