Die Generation Touchscreen ist mehr Mythos als Realität: Schweizer Kinder spielen in ihrer Freizeit lieber Fussball oder bauen Legotürme, als dass sie Musik hören, fernsehen oder gamen. Spiel und Sport sind bei den Kindern nicht nur am beliebtesten, sie werden auch häufiger ausgeübt als Musik hören, fernsehen oder gamen.
Dies geht aus der Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hervor. Die Forschenden untersuchten darin das Medienverhalten von über 1000 Kindern im Primarschulalter.
Überraschte Autoren
Mit diesem Ergebnis hatten auch die Macher der Studie nicht gerechnet. Daniel Süss, Professor für Medienpsychologie an der ZHAW und Co-Leiter der Studie, zeigt sich denn auch überrascht, dass in dieser Altersgruppe die digitalen Medien noch nicht so weit vorn seien.
Obwohl auch die Eltern der Kinder bereits teils «digital natives» – also im Netzzeitalter aufgewachsen – seien, wären gemeinsame Medienaktivitäten vor allem das Fernsehen oder bei jüngeren Kindern das Lesen. Das omnipräsente Smartphone oder Tablet fristet dagegen ein relatives Schattendasein.
Besorgte Eltern – zumindest beim Thema Internet
Dies liegt allerdings, wie Süss einräumt, nicht zwingend am mangelnden Interesse der Kinder. «Man muss das stark im Zusammenhang mit den Sorgen der Eltern sehen. Sie befürchten, ihre Kinder könnten online mit negativen Inhalten konfrontiert oder verhaltenssüchtig werden.» Deswegen regulierten viele Eltern den Zugang zu den digitalen Medien.
Das Problembewusstsein beim Fernsehen sei dagegen geringer – obwohl Kinder dort mehr negative Erfahrungen machten als in Online-Medien. Auch, weil die Eltern selbst mit dem Fernsehen aufgewachsen seien und sich mit dem altbekannten Medium sicherer fühlten.
Übertritt in die digitale Welt
Digitale Medien sind gemäss der so genannten MIKE-Studie erst später auf dem Vormarsch. Und doch bestimmt der Umgang mit ihnen immer mehr den Alltag von Kindern. Im Verlauf der Primarschule nehme die Bedeutung von Internet, Smartphones und Gamen immer mehr zu. Medienkompetenz sei deshalb schon in jungen Jahren sehr wichtig.
«Wir haben festgestellt, dass sich im Laufe der Primarschulzeit sehr vieles ändert», sagt Medienpsychologe Süss. Sowohl der Medienbesitz als auch die Nutzungshäufigkeit wandle sich sehr stark. «Etwa im Alter von zehn Jahren treten die digitalen Medien sprunghaft in das Leben der Kinder. Hier passiert ein Übergang von der analogen in die digitale Welt.»
Doch wie verkraften die Kinder den Übertritt ins persönliche Netzzeitalter? «Ein Stück weit wird dann tatsächlich weniger gelesen. Dass manche Dinge zurückgehen, hängt aber auch damit zusammen, dass Kinder in diesem Alter mehr mit ihren Freunden draussen sind und spielen.»
So bleibt das Klischee über die triste Kindheit 2.0, allen Unkenrufen zum Trotz, ein Klischee. Zumindest für die Studienautoren: «In der Regel spielen die Kinder draussen und unternehmen etwas», schliesst Süss.