Gestern Abend hat die Freiburger SVP bekannt gegeben, dass sie gegen das Schweizer Zentrum für Islam und Gesellschaft an der Universität Freiburg eine Volksinitiative einreichen will. Vorausgegangen war dieser Verlautbarung eine Sitzung des Zentralvorstands, bei der das Begehren mit fünf Stimmenthaltungen einstimmig beschlossen worden war.
Mit der Volksinitiative will die Partei die Kantonsverfassung so anpassen, dass das Zentrum geschlossen und überhaupt jede staatliche Ausbildung für Imame verunmöglicht wird.
Zur Überzeugung, dass das Zentrum auch ein Ausbildungsort für Imame sei, ist die SVP im Vorfeld aufgrund amtlicher Papiere gelangt. Laut Parteipräsident Roland Mesot sei in früheren Dokumenten der Kantonsregierung von der «Ausbildung von Imamen» die Rede gewesen.
Stellungnahme der Universität Freiburg
Heute Mittag nun hat sich die Universität Freiburg veranlasst gesehen, zu den politischen Geschehnissen im Kanton Stellung zu beziehen. In der Medienmitteilung greift sie die Verunsicherung in konservativen Kreisen ausdrücklich auf, um erst recht auf die Notwendigkeit des Zentrums für Islam und Gesellschaft zu verweisen. «Wie der gestrige Beschluss der Freiburger SVP zeigt, bleibt die Rolle des Islam in westlichen Gesellschaften ein ebenso bewegendes wie aktuelles Thema.»
Im Communiqué werden mit der Forschung, der Lehre und der Weiterbildung auch die drei Arbeitsfelder des Zentrums präzisiert. Ferner ist hierin sein Ziel erfasst: dem Bedürfnis «nach einer vertieften Beschäftigung mit dem Selbstverständnis muslimischer Glaubensgemeinschaften in Geschichte und Gegenwart» Rechnung zu tragen.
Auch macht das Papier auf die Möglichkeit aufmerksam, welche das Zentrum eröffne: dass mit der «Integration von Muslimen in den wissenschaftlichen Dialog unter den Qualitätskriterien wissenschaftlicher Rationalität» die Chance für eine «Integration der Muslime in den Schweizer Kulturraum» steige.
Für Lehrkräfte in Moscheen
Auffallen kann in der Medienmitteilung – angesichts der Befürchtungen, welche die SVP hegt – das vorgesehene Zielpublikum: Das Angebot des Zentrums richtet sich einerseits an Nicht-Muslime, «die in ihrer Arbeit mit Muslimen zu tun haben», andererseits aber an «muslimische Personen, die in islamischen Gemeinden arbeiten und sie betreuen». Damit sind etwa Jugendleiter, Vereinsvorstände und Lehrkräfte in Moscheen gemeint.
Wie Hansjörg Schmid, der Leiter des Zentrums, unlängst gegenüber der Zeitung «La Liberté» betonte, ist in Freiburg aber keine universitäre Ausbildung für Imame vorgesehen. Stattdessen führt das Zentrum Weiterbildungsprogramme für Imame, Verantwortliche von Moscheen und interessierte Kreise durch.
Ein entsprechendes Angebot an Weiterbildung ist deshalb sinnvoll, «weil muslimische Vereinigungen auch soziale Akteure sind», sagte Hansjörg Schmid heute gegenüber SRF.
Freiheit von Lehre und Forschung
Im zitierten Communique fällt auf, dass die Universität auf die «Autonomie in Lehre und Forschung» verweist. Damit ruft sie die entsprechende «Freiheit» in der Bundesverfassung in Erinnerung und macht den gewählten politischen Weg der SVP nachvollziehbar.
Nicht zufällig hat sich die Partei gegen eine Initiative auf Gesetzesstufe entschieden, die Gefahr gelaufen wäre, mit dem Gesetz über die Autonomie der Universität in Konflikt zu geraten. Stattdessen will die SVP Freiburg die Kantonsverfassung entsprechend anpassen.