Der schwache Eurokurs könnte die Nachfrage nach Immobilien in den Nachbarländern der Schweiz erhöhen. Das glaubt zumindest Robert Weinert von der Immobilenberatung Wüest und Partner.
Schon seit einiger Zeit würden viele Leute Genf wegen der hohen Immobilienpreise verlassen. Es seien vor allem ausländische Arbeitnehmer, aber auch Schweizer, die sich deswegen auf der französischen Seite des Genfersees niederlassen, sagt Weinert. «Diese Tendenz hat sich schon vor der Aufhebung des Euro-Mindestkurses gezeigt und könnte jetzt einen zusätzlichen Boost erhalten.»
Auswanderungswelle ist unwahrscheinlich
Wieviel kosten Immobilien?
Diese Entwicklung könnte sich jetzt auch auf das grenznahe Deutschland ausweiten. Denn sowohl die Mietpreise, als auch die Kosten für Wohneigentum sind in Deutschland massiv billiger als hierzulande. Wer zum Beispiel in Konstanz ein Haus kaufen möchte, bezahlt pro Quadratmeter fast einen Drittel weniger, als im benachbarten Kreuzlingen.
Mit einer Auswanderungswelle von Schweizern in den Schwarzwald oder an den Bodensee rechnet Weinert aber nicht. «Es ist wahrscheinlicher, dass es jetzt Schweizer gibt, die in Deutschland eine Ferienwohnung kaufen.»
Der Experte glaubt, dass sich nun vor allem Deutsche überlegen aus Kostengründen aus der Schweiz wieder in ihre Heimat zurück zu ziehen. Oder dass jene, die in der Schweiz einen Job gefunden haben, nach Süddeutschland ziehen und als Grenzgänger arbeiten.
Boom ist noch nicht da
Ein Blick über die Grenze zu verschiedenen Immobilienmaklerin zeigt ein diffuses Bild. Klar ist: Ein Immobilienboom ist noch nicht angebrochen.
«Dafür ist die Zeit seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses noch zu kurz», sagt Thomas Wenk von Remax in Überlingen am Bodensee. Die durchschnittliche Vermarktungsdauer einer Immobilie betrage sechs bis neun Monate. Er habe aber sowieso keine Kaufanfragen aus der Schweiz erhalten. «Überlingen ist wohl zu weit weg.»
Hohe Steuern verhindern Hauskauf
Mitspielen dürften aber auch steuerliche Überlegungen. Wenk rechnet vor, dass beim Kauf einer Immobilie in Überlingen 5 Prozent Grunderwebssteuer fällig werden. Bei einem Kaufpreis von 1 Million Euro seien das 50'000 Euro. «Hinzu kommt je nach dem noch die Maklerprovision.» Diese könne den obigen Betrag locker verdoppeln.
Ähnlich sieht es Jürgen Gleichmar von Engel und Völkers in Singen. Er glaubt, dass es aus steuerlichen Gründen keinen Immobilienboom in Süddeutschland geben wird. «Schon vor dem Einbruch des Euro waren Immobilien bei uns günstig. Die Anfragen aus der Schweiz sind aber immer wieder an den hohen Steuern gescheitert.»
Gleichmar glaubt auch, dass sich die Frage der Steuerlast auch für Deutsche stellt, die in der Schweiz wohnen und arbeiten. Auch sie würden deswegen eher von einem Immobilienkauf absehen.
«Wenn der Kurs tief bleibt, könnte der Boom kommen.»
Etwas anders sieht es im Dreiländereck aus. Claus-Jörg Kintzinger von Engel und Völkers in Lörrach hat in den letzten Tagen vermehrt Anfragen von Schweizern verzeichnet. Er könnte sich vorstellen, dass der Immobilienmarkt bald auf den Kopf gestellt wird. Das hänge aber von der Entwicklung des Eurokurses ab. «Wenn der Kurs so tief bleibt wie heute, könnte der Boom kommen.»
Sogar deutlich mehr Anfragen aus der Schweiz hat Thomas Nägele von Remax in Waldshut-Tiengen am Rhein bekommen. «Diese Woche haben sich schon vier Leute direkt bei mir im Büro nach Immobilien erkundigt.» Die meisten seiner Schweizer Kunden seien Rentner. Sie würden sich einerseits für schicke Eigentumswohnungen in Grenznähe interessieren oder für Ferienhäuser auf dem Land.
Die Steuern hält Nägele für kein allzu grosses Hindernis, denn Rentner würden steuerlich bevorzugt. Er stellt auch fest, dass sich viele junge deutsche Familien, die in der Schweiz wohnen und arbeiten, ihren Traum vom Eigenheim in Deutschland erfüllen. «Dann zählen nicht nur noch die hohen Steuern, sondern auch die tiefen Lebenshaltungskosten.»