In der Öffentlichkeit darf niemand sein Gesicht verhüllen. Die Tessinerinnen und Tessiner haben dazu im September vor einem Jahr Ja gesagt. Nun hat der Bundesrat das Verhüllungsverbot für zulässig erklärt; im Rahmen der Gewährleistung der Tessiner Verfassung, die um das Verbot erweitert wurde.
Die Landesregierung stützt sich auf den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Dieser entschied im Sommer, dass das Verhüllungsverbot in Frankreich vereinbar sei mit der Religionsfreiheit und dem Diskriminierungsverbot.
Busse darf nicht zu hoch sein
Trotz der grundsätzlichen Zulässigkeit des Tessiner Verhüllungsverbots: Entscheidend sei die Umsetzung, sagt Luzuis Mader, Vizedirektor des Bundesamts für Justiz. In Moscheen etwa dürfe muslimischen Frauen eine Burka, ein Nikhab oder ein anderer Gesichtsschleier nicht verboten werden. Vom Verbot müssten auch private Autos ausgenommen werden.
Empfehlenswert seien zudem milde Bussen bei einem Verstoss gegen das Verhüllungsverbot, so wie in Frankreich, betont Mader. Dort beträgt die Busse maximal 150 Euro. Der Kanton Tessin muss nun die Umsetzung in ein Gesetz schreiben. Gegen dieses Gesetz könnte eine betroffene Muslimin zum Beispiel Beschwerde einreichen – und damit bis vor Bundesgericht gelangen.
SVP plant Schweizer Verhüllungsverbot
Zufrieden mit dem Bundesrat ist SVP-Nationalrat Walter Wobmann. Er arbeitet an einer Volksinitiative für ein nationales Verhüllungsverbot. «Das ist ein gutes Signal für die Initiative», sagt er zum bundesrätichen Entscheid. Nun müssten noch National- und Ständerat das Verbot in der Tessiner Verfassung absegnen, danach werde sein Komitee die gesamtschweizerische Initiative lancieren.
Islam-Organisation kann sich mit Verbot abfinden
Wenig Freude am Verhüllungsverbot hat Hisham Maizar, der Präsident der Föderation islamischer Dachorganisationen Schweiz. Trotzdem sagt er: «Wir würden dies akzeptieren, weil uns der Friede ausserordentlich wichtig ist.»
Was er hingegen nicht akzeptieren könnte, wären Einschränkungen beim normalen Kopftuch. So kommt für ihn ein Kopftuchverbot, etwa für Schülerinnen, nicht in Frage. «Das geht zu weit», sagt er bestimmt. Sowieso kämen die Klagen in dem Bereich meist nicht von den Schulen selber, sondern von Politikern, die sich profilieren wollten.