Vor allem in Zürich und in grenznahen Städten kann es passieren, dass der Arzt seine Praxis schon wieder aufgelöst hat, bevor der Patient zur Nachkontrolle erscheint.
Über 200 Mediziner aus der EU haben allein in den letzten beiden Jahren bloss temporär in Schweizer Arztpraxen gearbeitet. Hinzu kommen mehrere Dutzend Zahnärzte. Das zeigen die neusten Zahlen des Bundesamts für Gesundheit.
Schlechte Aussichten auf Schadenersatz
Während bis zu 90 Tagen pro Jahr dürfen Ärzte mit europäischem Facharzttitel als Selbständige in der Schweiz tätig sein – ohne besondere Bewilligung. «Unmöglich» findet das Barbara Züst von der Stiftung für Patientenschutz: «Rechenschaft können sie dann nicht mehr ablegen. Patienten haben wenig bis keine Aussichten, dass sie Schadensersatz erhalten, falls sie geschädigt werden.» Fälle, in denen etwas schief gegangen und der Arzt nicht mehr auffindbar gewesen sei, habe sie selbst erlebt. Ärzte, die nur während 90 Tagen in die Schweiz kämen, seien vor allem auf Geld und nicht auf medizinische Qualität aus.
Am Vertrag ist nicht zu rütteln
Barbara Züst ist keine einsame Ruferin. Auch Christina Kuhn von der Mebeko, der Kommission des Bundes, die zuständig ist für die Überprüfung von Arzt-Diplomen, ist skeptisch: «Ich denke, dass dies für ein gut funktionierendes Gesundheitswesen keine gute Regelung ist.» Es mache wenig Sinn, Mediziner für nur so kurze Zeit ins Land zu lassen. Ärzte sollten das Schweizer Gesundheitssystem kennen und eine Landessprache sprechen, dafür reichten 90 Tage in der Schweiz nicht.
Auch die Krankenkassen machen sich Sorgen über die Qualität der 90-Tage-Ärzte. Allerdings ist die 90-Tage-Regel Bestandteil der Verträge zwischen der Schweiz und der EU. Bis auf weiteres lässt sich daran nicht rütteln.
Verena Nold vom Krankenkassenverband Santésuisse wünscht sich deshalb Folgendes: «Wir sind der Meinung, dass man vor allem vermehrt die Qualität aller Ärzte überprüfen müsste.» Die Qualität überprüfen und nur noch gute Ärzte gut verdienen lassen: Über einen Vorstoss, der genau das will, wird bald das Parlament beraten.