Die Pharmaindustrie sponsert das Gesundheitswesen jährlich mit rund 140 Millionen Franken. Das zeigen neue Zahlen , die SRF Data ausgewertet hat. Rund ein Zehntel davon geht direkt an einzelne Fachpersonen, in erster Linie an Ärzte. Dabei handelt es sich um Honorare für Referate, Beiträge für die Teilnahme von Kongressen, Kostenübernahmen von Reisen, Spesen oder Weiterbildungen.
Während die durchschnittliche Zahlung por Jahr an einen Arzt rund 1350 Franken beträgt, gibt es aber grosse Ausreisser. So bekam der Westschweizer Onkologe Matti A. Aapro im Jahr 2015 Zahlungen im Wert von fast 100’000 Franken, der Basler Gynäkologe Johannes Bitzer immerhin 53’000 Franken. Welche Effekte können solche Sponsorings auf die Ärzte haben? Die wichtigsten Studien im Überblick.
Was sagt die Wissenschaft? Testen Sie Ihr Bauchgefühl.
Ein grosser Vorwurf der Kritiker solcher Zahlungen ist, dass sich Ärzte dazu verleiten lassen, mehr Original-Medikamente an Stelle von Generika zu verschreiben. Diese kosten mehr Geld – und belasten so die Kosten des Gesundheitssystems. Was weiss die Wissenschaft dazu?
Eine weitere Angst von Kritikern ist der sogenannte blinde Fleck: Dass Forscher bei Firmen, die ihnen Geld bezahlen, weniger kritisch sind. Was ist an diesem Vorwurf dran?
Solche Zahlungen könnten auch auf die Entstehung von Fachwissen Einfluss haben, sagen Kritiker. Nur: Wie genau?
Viele Ärzte wehren sich gegen den Vorwurf der Beeinflussung. Auch dazu wurde eine Studie gemacht. Gesundheitsforscher der University of California haben Ärzte befragt, wie sie die Beeinflussung durch Pharma-Zahlungen einschätzen. Was kam dabei heraus?
FMH sieht keine Probleme
Marcel Sennhauser, Sprecher des Verbands ScienceIndustries, glaubt nicht, dass sich Ärzte von solchen Zahlungen beeinflussen lassen. «Wir sind überzeugt davon, dass die Pharmaindustrie und die Ärzte und Spitäler zur Entwicklung neuer Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten zusammenarbeiten sollen», sagt er gegenüber SRF.
Auch Jürg Schlup, Präsident vom Ärzteverband FMH, sieht keine Probleme: «Unsere Standesordnung regelt die Zusammenarbeit der Ärzteschaft mit der Industrie. Dort sind auch Sanktionen bei Verstössen vorgesehen. Solche Verstösse sind aber sehr selten.»
Für den Gesundheitsökonomen Heinz Locher müssen die Zahlungen von Fall zu Fall angeschaut werden. «Es muss davon ausgegangen werden, dass es sich nicht um Schenkungen handelt, sondern eine Gegenleistung erwartet wird. Die Frage ist: Sind diese Schenkungen im Interesse von Patientinnen und Patienten oder finden da Verzerrungen statt. Zum Beispiel dass Medikamente verschrieben werden, die sonst nicht abgegeben worden wären.»