SRF: Frau Bundesrätin, wie schwierig waren diese Gespräche?
Bundesrätin Doris Leuthard: Ich musste feststellen, dass sowohl der Vizekanzler Sigmar Gabriel wie auch Bundesverkehrsminister Dobrindt Verständnis haben – nicht für das Resultat, aber für die demokratischen Abläufe in der Schweiz. Sie haben auch Verständnis dafür, dass angesichts des hohen Ausländeranteils in der Schweiz eine andere Ausgangslage besteht.
Sie haben mit Minister Gabriel über das Stromabkommen gesprochen, bei dem die EU die Verhandlungen jetzt ausgesetzt hat. Unterstützt er die Position der EU?
Ich glaube, hier dürfen wir tatsächlich auf das Verständnis Deutschlands hoffen. In einem Sinne, dass man dort sagt: Es gab einen Volksentscheid, aber im Moment passiert noch gar nichts. Die Schweiz muss nun innerhalb von drei Jahren nach Lösungen suchen und innerhalb dieser Zeit sollte möglichst der courant normal herrschen.
Für die Schweiz geht es um sehr viel. Um die Integration in den europäischen Strommarkt und gewisse Privilegien. Haben Sie die Aussicht, dass man da weiterkommt?
Ich glaube, es ist nicht ausgeschlossen. Denn durch die Schweiz fliessen elf Prozent europäischer Strom. Wir sind ein wichtiger Regulator, gerade in den Wintermonaten tragen wir zur Stabilisierung des Netzes bei. Unsere Nachbarn profitieren alle von dieser Rolle. Deshalb ist es für uns jetzt wichtig, dass unsere Nachbarn sich jetzt auch bemerkbar machen in Brüssel.
Beim Thema Verkehr haben Sie mit Alexander Dobrindt einen Gesprächspartner, der Ihnen sehr gut gewogen war und Ihnen in einem Mass entgegengekommen ist, das viele Deutsche als viel zu weit empfunden haben. Dobrindt wird als harter Knochen bezeichnet. Wie hart war er für Sie?
Wenn Sie damit das Flugverkehrsdossier ansprechen: Deutschland hat einen unterschriebenen Vertrag mit uns. Der gilt. Wir machen keine Nachverhandlungen, da ist sich Herr Dobrindt auch einig mit mir. Es geht für ihn jetzt darum einzuschätzen, wie er diesen Ratifikationsprozess vorantreiben will. Er sucht das Gespräch mit Baden-Württemberg, was ich sehr gut finde. Er wird mit uns zusammen auch noch offene Fragen klären – nach Flughöhen etwa, dem gerköpften Nordanflug oder der technischen Umsetzung. Das treiben wir voran in den nächsten Monaten. Wenn das dann dazu beiträgt, dass man Akzeptanz schafft, ist das gut für die Schweiz und gut für Deutschland. Wir werden sehen, ob er dieses Vertragswerk dann zur Ratifikation vorlegt oder nicht.