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Schweiz Luzerner Polizeiaffäre: Schlechtes Zeugnis für den Kommandanten

Harte Kritik am obersten Luzerner Polizisten: Laut einem geheimen Untersuchungsbericht, welcher der «Rundschau» vorliegt, soll Kommandant Beat Hensler Dienstbefehle nicht umgesetzt und vor Polizeigewalt die Augen verschlossen haben. Noch schwerer wiegt aber der Vertrauensschwund der Vorgesetzten.

Die Vorwürfe an den höchsten Luzerner Polizisten sind schwerwiegend. Im Schlussbericht des Berner alt Oberrichters Sollberger zuhanden der Luzerner Justiz- und Sicherheitsdirektorin Yvonne Schärli heisst es: Hensler habe Dienstbefehle mehrfach nicht umgesetzt und den Problembereich Polizeigewalt ebenfalls wiederholt nicht erkannt.

Auch habe Hensler seine Vorgesetzte Schärli ungenügend über Vorkommnisse in der Polizei informiert und eine Gesprächs-Unkultur in der Führungsetage zugelassen.

Departementsvorsteherin Schärli hat bereits am 6. September eine Administrativuntersuchung gegen Hensler eröffnen lassen, um die Mängel in Leistung und Verhalten des Kommandanten zu beleuchten.

Schlüsselereignis Heiligabend 2010

Am Weihnachtsabend 2010 verprügelte ein Kaderpolizist seine Freundin in ihrer Wohnung. Elitepolizisten aus der Einheit des prügelnden Kaderpolizisten führten die Ermittlungen vor Ort.

Der Pikettoffizier und Kommandant Hensler wurden zwar umgehend über den Gewaltübergriff informiert. Konsequenzen hatte diese private Prügelaktion aber für den Kaderpolizisten damals keine. Im Gegenteil: Kommandant Hensler beförderte diesen nur ein gutes Jahr nach der Gewalttat in die Chefposition.

Dieser Gewaltübergriff und das damit verbundene Verhalten der obersten Verantwortlichen sei von entscheidender Bedeutung für die Gesamtbeurteilung der Führungsdefizite, wie Sollberger in seinem Schlussbericht ausführt.

Empfehlung mit Fragezeichen

Sollberger kommt weiter zum Schluss, dass ein grundsätzlicher Kulturwandel auf der Führungsebene stattfinden müsse. Die Führung der Luzerner Polizei sei angeschlagen. Es müsse verhindert werden, dass diese gänzlich handlungsunfähig werde.

Der alt-Oberrichter empfiehlt im geheimen Schlussbericht der Justiz- und Sicherheitsvorsteherin, Polizeikommandant Hensler für seine Fehlleistungen und Fehlverhalten eine schriftliche Mahnung zu erteilen. Damit droht dem Kommandanten bei einem weiteren Vergehen die Kündigung.

Frage des Vertrauens

Brisante Aussagen macht Sollberger in seinem Schlussbericht auch zum Verhältnis Kommandant Hensler zu seiner Vorgesetzten, Departementsvorsteherin Schärli. Die Rede ist von Vertrauensschwund.

Nachweislich habe der Kommandant bezüglich wesentlicher Vorgänge seine Vorgesetzte ungenügend, bagatellisierend oder gar nicht orientiert. Auch bei Nachfragen habe Sie Informationen nur in gefilterter Form erhalten. In einem Fall seien ihr gar entscheidungsrelevante Fakten vorenthalten worden.

Sollberger stellt den auch die Frage, ob noch genügend Vertrauen vorhanden sei für eine weiterführende Zusammenarbeit.

Strafverfahren gegen Luzerner Polizisten

Gegen neun Luzerner Polizisten läuft eine Strafuntersuchung. In diesen Fällen hat Sollberger die Administrativverfahren gegen die beschuldigten Polizisten ausgelagert und sistiert.

Sie sollen nach Abschluss der strafrechtlichen Beurteilungen gesondert weitergeführt werden. Sicherheits- und Justizdirektorin Schärli gibt sich bedeckt Departementsvorsteherin Yvonne Schärli, sowie Polizeikommandant Hensler wollen sich zu Fragen der «Rundschau» zur Zeit nicht äussern.

In einer schriftlichen Stellungnahme bestätigt das Department Schärli, dass der Schlussbericht Sollberger dem Regierungsrat vorliege: «Der Regierungsrat wird diesen behandeln und seine Schlussfolgerungen daraus ziehen.»

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