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Schweiz «Man sollte das junge Publikum nicht unterschätzen»

In seinem Bericht stellt der Bundesrat hohe Ansprüche an die SRG. Das sei auch richtig so, findet Roger de Weck. Der Generaldirektor der SRG erklärt, wie die «Digital natives» für Politik begeistert werden sollen. Und warum eingekaufte US-Serien ihren Platz im Programm haben.

SRF News: Der Bundesrat hält klar fest, dass es in Zukunft nicht mehr Geld für die SRG gibt. Gleichzeitig fordert er von ihr mehr im digitalen Bereich, mehr für die Jugend und auch mehr Schweizer Inhalte. Die sind aber teuer. Wie wollen Sie das alles finanzieren?

Wäre ich Auftraggeber, also der Bund, würde ich vom Auftragnehmer, also der SRG, auch mehr fordern. Das macht jeder Auftraggeber. Abgesehen davon muss heute jedes Medienhaus, ob privat oder öffentlich-rechtlich, mit weniger Geld mehr machen. Es muss ohne zusätzliche Mittel ein Online-Angebot bereitstellen.

Darum haben wir uns in den vergangenen Jahren bemüht. Wir haben trotz des digitalen Umbruchs die Technologiekosten gehalten – in den meisten Medienhäusern explodieren sie. Und wir haben 12 Prozent des Geldes von der Verwaltung ins Programm verlagert, damit wird zum Beispiel auch eine Kult-Serie wie «Der Bestatter» finanziert. Der Bericht des Bundesrats ist ein Anstoss, hier nach Möglichkeit nachzudoppeln.

Braucht es denn wirklich zwei Fernsehprogramme pro Region oder bis zu vier Radio-Kanäle in der Deutschschweiz?

Roger de Weck

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Roger François Philippe de Weck ist seit Anfang 2011 Generaldirektor der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG, zu der dieses Portal gehört. Vorher arbeitete der Volkswirtschaftler als Redaktor, Chefredaktor und Publizist in der Schweiz und in Deutschland. Er ist verheiratet und hat vier erwachsene Kinder.

Zwei Fernsehkanäle braucht es nur schon wegen des Sports. Das sieht man jetzt zu Zeiten der Fussball-Europameisterschaft. Gäbe es diesen zweiten Kanal nicht, wäre der erste Kanal derzeit im Wesentlichen mit Sport besetzt. Ein Teil des Publikums liebt Fussball; ein Teil will ganz etwas anderes.

Der Bundesrat stellt im Bericht fest: Faktisch lasse sich ein Teil des heutigen TV-Unterhaltungsangebotes der SRG kaum von jenem des Privatfernsehens unterscheiden. Ist die SRG-Unterhaltung bloss ein Abklatsch von ausländischen Formaten?

«SRF bi de Lüt» etwa ist eine Sendung, die sich ganz klar von Unterhaltungssendungen privater Kanäle unterscheidet, beispielsweise vom «Bachelor» oder «Bauer, ledig, sucht …». In der Tat entwickeln wir Formate, die sich vielleicht in Zukunft noch stärker von denjenigen privater Kanäle unterscheiden.

Bei der viel kritisierten Sendung «The Voice» darf man nicht vergessen: Das war eine Sendung, die auch beim Inbegriff des Service public, der britischen BBC, lief.

«The Voice» wird im Service-Public-Bericht namentlich als Negativbeispiel erwähnt. Der Bundesrat sagt, die SRG müsse ihre Praxis überprüfen, was den Einkauf bestimmter Fremdproduktionen anbelange. Werden wir in Zukunft weniger «The Voice» oder US-Serien sehen?

Serien sind heute das, was in meiner Kindheit der Kinofilm war. Und so manche Serie ist heute auch besser als mancher Kinofilm. Mit anderen Worten ist es unser Bemühen, möglichst noch mehr Serien zu produzieren.

Die sind aber natürlich sehr viel teurer, als Serien, die man einkauft und die oft auch von hoher Qualität sind. Denken Sie beispielsweise an die Serie «House of Cards». Solange wir nicht einfach 100 Prozent des Programms mit Eigenproduktionen bestücken können, werden wir auf ausländische Produktionen angewiesen sein.

In der Deutschschweiz können wir die beste Fernsehzeit im TV einigermassen mit eigenen Produktionen bestücken; schon in der französischen und erst recht der italienischen Schweiz reicht das Geld dafür nicht aus. Wo wir uns aber in der eigenen Produktion verstärken können, wollen wir das auch tun.

Audio
«Jedes Medienhaus muss heute mit weniger Geld mehr machen»
aus Echo der Zeit vom 17.06.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 13 Sekunden.

Die SRG solle mehr für die Jungen produzieren und sich gleichzeitig stärker von den Privaten unterscheiden. Dabei wollen die Jungen von den Privaten ja gerade Reality-Formate sehen, oder teils schauen Sie im Netz etwas abstrus anmutende Videos. Das kann die SRG in Zukunft wohl kaum produzieren?

Zunächst einmal sollte man das jüngere Publikum nicht unterschätzen. Es ist nun wirklich nicht dümmer als ein alter Knochen, wie ich es bin. Im Gegenteil ist es ein waches Publikum, das seine Ansprüche hat – aber anders funktioniert. In der Bundesverfassung stehen ganz klar die Kategorien: Information, Kultur, Unterhaltung, Bildung.

Für einen Teil des jüngeren Publikums fliesst das ineinander. Die Unterscheidung zwischen Kultur und Unterhaltung ist nicht mehr so klar. Manchmal verwischt sogar die Unterscheidung zwischen Information und Unterhaltung. Dem müssen wir Rechnung tragen.

Wir bemühen uns um Angebote für das jüngere Publikum: Mini-Fiktionen, die nur im Internet verbreitet werden; wir entwickeln kurze Videos, die man sich unterwegs anschauen kann, um ein politisches Thema zu vertiefen. Wir haben hier aber noch viel zu tun. Der Bericht des Bundesrats ist ein Anstoss, hier noch einen draufzulegen.

Das Gespräch führte Philipp Burkhardt.

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