Nicht nur irgendwo im fernen Ausland werden Menschen verkauft, es passiert auch hier in der Schweiz. Vor vier Jahren haben Bund und Kantone deshalb verschiedene Massnahmen in einem Aktionsplan verabschiedet.
Ein nationales Opferschutzprogramm fehlt
Susanne Seytter ist die Leiterin der Schweizer Fachstelle Frauenhandel und Migration. Sie kritisiert, dass auch nach vier Jahren noch immer ein nationales Opferschutzprogramm in der Schweiz fehle. Ein Programm, das allen Opfern denselben Schutz garantiert, unabhängig davon, in welchem Kanton sie leben.
Dabei war dies eines der Ziele des Aktionsplanes. «Die Konsequenz ist, dass die Unterstützung von Opfern von Menschenhandel immer noch lückenhaft ist und sehr stark davon abhängt, in welchem Kanton die Menschen ausgebeutet worden sind.»
Die Kantone bestimmen über den Aufenthalt
Wer Opfer von Menschenhandel wird, habe oft Angst, gegen die Täter auszusagen. Habe Angst, dass er oder sie mit Repressionen zu rechnen hat. Auch im Heimatland. Ob eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werde oder nicht, liege ebenfalls im Ermessen der jeweiligen Behörde. Eine Aufenthaltsbewilligung erhalte das Opfer oft nur dann, wenn es bereit sei, gegen die Täter auszusagen.
Auch hier verlangt Susanne Seytter eine verbindliche nationale Regelung ohne Auflagen: «Wir fordern, dass festgelegt wird, dass es mindesten einen sechsmonatigen Aufenthalt gibt, unabhängig davon, ob die Betroffenen den Mut fassen, auszusagen oder nicht.»
In den letzten zwei Jahren haben sich alleine bei der Fachstelle 200 Opfer gemeldet. Grösstenteils Frauen, die sexuell ausgebeutet wurden. Der Europarat fordert, die Schweiz müsse nebst dem Sexgewerbe auch andere Branchen ins Visier nehmen. Dazu gehörten Privathaushalte, die Landwirtschaft, das Bau- und das Gastgewerbe.
Noch in dieser Woche findet im Tessin eine mehrtägige Konferenz von Interpol zum Thema Menschenhandel statt. Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga, die den nationalen Aktionsplan vor vier Jahren lanciert hatte, wird dabei sein.