Die Warnung der Bundesanwaltschaft vor einem möglichen Reputationsrisiko für die Schweiz kommt zu einem äusserst delikaten Zeitpunkt. Nach den Enthüllungen zu einem weltweit verzweigten Geflecht von Offshore-Firmen hatte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf Anfang Woche noch gesagt, sie sei froh, dass die Schweiz für einmal nicht im Fokus stehe und man auch über andere Finanzplätze diskutiere.
Doch Widmer-Schlumpfs Stimmung dürfte inzwischen wieder getrübt worden sein. Denn bei einem Geldwäschereiverfahren, das zurzeit bei der Bundesanwaltschaft (BA) läuft, stehen Offshore-Firmen mit Schweiz-Bezug im Zentrum. Das bestätigt Bundesanwalt Michael Lauber in der Sendung «Rendez-vous» von Radio SRF.
Zahlungen über Schweiz abgewickelt
Die Untersuchungen der BA betreffen Korruptionsvorwürfe gegen den ehemaligen griechischen Verteidigungsminister Akis Tsohatzopoulos. Schmiergeldzahlungen für Rüstungsgeschäfte sollen über diese Offshore-Firmen abgewickelt worden sein, hält der Bundesanwalt fest. Um das Geld ins Ausland schaffen zu können, habe Akis Tsohatzopoulos ein riesiges Netz von Offshore-Gesellschaften aufgezogen.
Vor einem Jahr seien aufgrund von Hinweisen an die Meldestelle für Geldwäscherei im Zusammenhang mit diesem Fall etwa 10 Millionen Franken blockiert worden. «Es sind verschiedene Banken in der Schweiz, in Genf und Zürich, betroffen», erklärt Lauber. Das umfassende Verfahren zeige, dass beachtliche Reputationsrisiken bestünden. Für die involvierten Banken – und für den ganzen Finanzplatz Schweiz.
Möglicherweise kein Einzelfall
Noch handele es sich um einen einzelnen Fall, sagt Lauber weiter, betont aber auch: «Ich kann nicht ausschliessen, dass es verschiedene solche Fälle gibt, die einen Bezug zur Schweiz haben.» An der Lagebeurteilung würde dies aber nichts ändern.
Die laufende Untersuchung soll klären, ob Personen in der Schweiz eine Beteiligung an der Geldwäscherei nachgewiesen werden kann. Aber auch die involvierten Banken könnten ins Visier der Bundesanwaltschaft geraten. Abgeklärt wird laut Lauber, ob bei den Banken, die diese Offshore-Firmen von der Schweiz aus verwaltet haben, allenfalls ein so genanntes Organisationsverschulden vorliegt.
«Das Strafgesetzbuch besagt, dass man als Unternehmung eine Organisation aufstellen muss, die sicherstellt, dass man die Risiken, insbesondere auch bei der Korruptionsbekämpfung, organisatorisch und systemisch auffangen kann», erklärt der Bundesanwalt. Sind solche Vorkehrungen nicht vorhanden oder ungenügend, droht den betroffenen Instituten eine Klage. Unangenehme Folgen für die Schweizer Banken und den Finanzplatz Schweiz sind also nicht ausgeschlossen.
(eglc;brut)