6,8 Prozent oder 6 Prozent – das ist die Frage. Ein wichtiger Streitpunkt in der Altersreform-Debatte im Parlament ist die neue Festlegung des Umwandlungssatzes. Der Bundesrat will diesen senken. Doch viele Pensionskassen wenden schon lange einen Satz unter 6 Prozent an, ja sogar unter 5 Prozent an.
Der Rüstungs- und Technologiekonzern Ruag beispielsweise hat auf nächstes Jahr den Umwandlungssatz auf einen Schlag auf 4.57 Prozent gesenkt. Das sei ein versicherungstechnisch notwendiger Schritt. «Längerfristig kann eine Pensionskasse nicht mehr Geld verteilen, als sie tatsächlich hat», begründet Corrado Tedeschi, Geschäftsführer der Pensionskasse Ruag die Kürzung.
Die Ruag-Pensionskasse hat verschiedene flankierende Massnahmen ergriffen, um Auswirkungen auf die Renten abzudämpfen. Doch vor allem für die Mitarbeiter der mittleren Generation sinken die Rentenversprechen dennoch.
«Senkung ja, aber sozialverträglich»
Doch Ruag steht mit dieser Kürzung bei weitem nicht alleine da. Die Arbeitnehmerverbund PK-Netz 2.Säule hat Zahlen gesammelt und ein Übersicht erstellt, die «10vor10» vorliegt (siehe Tabelle). Die meisten Pensionskassen haben die Umwandlungssätze gegen 6 Prozent gesenkt, viele sogar unter 6 Prozent.
Jorge Serra von der Gewerkschaft VPOD hat Verständnis für die Senkung der Umwandlungssätze. Die Pensionskassen seien in einer heiklen Lage, es sei schwierig, noch eine genügend hohe Rendite zu erzielen. «Doch die Arbeitgeber sind in der Pflicht, die Senkungen fair und sozialverträglich durchzuführen», fordert Serra. Klar ist: Viele Pensionskassen und Unternehmen versuchen, die Rentenverluste durch höhere Sparbeiträge oder einmalige Einzahlungen zu kompensieren. Doch für viele Arbeitnehmer bedeutet der Schritt eine tiefere Rente.
Der Trick mit dem Überobligatorium
Doch wie ist es überhaupt möglich, dass die Pensionskassen schon jetzt die Rentensätze reduzieren? Warum müssen sich nicht alle Pensionskassen an die 6.8 Prozent halten, die im Gesetz festgelegt sind?
Die Antwort: Das Gesetz gilt nur für die gesetzlichen minimalen Leistungen. Die meisten Pensionskassen bieten aber mehr. Sie versichern beispielsweise höhere Löhne, erlauben auch Tieflohn-Bezügern eine Pensionskasse oder zahlen auf dem Altersguthaben einen höheren Zins. All das zählt zum sogenannten überobligatorischen Altersguthaben. «Die Pensionskassen sind hier frei zu entscheiden», erklärt Pensionskassenexperte Willi Thurnherr von der Beratungsfirma Aon Hewitt.
Was vielen nicht bewusst ist: Viele Arbeitnehmer haben mehr Geld im Überobligatorium als im Obligatorium. «Bei den autonomen Pensionskassen sind zwischen 50 und 60 Prozent der Gelder überobligatorisch», sagt der Pensionskassenexperte. Dort dürfen die Pensionskassen machen, was sie wollen.
Sie legen also einen tiefen Umwandlungssatz übers Ganze und schauen, dass sie mit dieser Mischrechnung dennoch die minimalen gesetzlichen Leistungen einhalten. Mit diesem legalen Trick senken die Pensionskassen schon seit Jahren die Umwandlungssätze.
Quelle: PK-Netz 2. Säule