Sie verlieren die Orientierung und finden nicht mehr zum Bienenstock zurück. Das bedeutet für die Bienen den Tod. Pestizide haben verheerende Auswirkungen auf das Bienengehirn. Nun hat sich die EU dazu durchgerungen, bestimmte Pflanzenschutzmittel zu verbieten. Die Schweiz will nachziehen und hat angekündigt, die Bewilligung von drei Insektiziden ebenfalls zu suspendieren.
«Wir denken, dass wir die Zeit nutzen können, um noch mehr Abklärungen zu machen», sagt Eva Reinhard, Vizepräsidentin des Bundesamtes für Landwirtschaft zu SRF. Während der Suspendierung sollen Techniken entwickelt werden, mit welchen das Risiko für Bienen reduziert und die Sicherheitsmarge erhöht werden kann.
Das BLW sowie die EU ziehen mit ihren Entscheidungen die Konsequenzen aus einem Gutachten, das die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) Mitte Januar veröffentlichte. Darin sieht die Efsa ein «hohes, akutes Risiko» für Bienen durch die drei Stoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam.
Weitere Massnahmen vom Bund gefordert
Umweltschützer und Imker begrüssen den Entscheid, fordern aber gleichzeitig den Bund auf, weitere Massnahmen zu treffen. «Wir sind erfreut über den Entscheid, aber es ist nur ein Etappensieg», sagt der Präsident des Deutschschweizer Imkerverbands, Richard Wyss, zu SRF.
Das grosse Problem sieht Wyss im Einsatz von Ersatzmitteln. Wenn wieder grossflächig ein Mittel aus vergangener Generation versprüht werde, könne dies zu Problemen führen. «Wir fordern deshalb eine allgemeine Reduktion der Pestizide.»
Auch Greenpeace Schweiz bläst ins selbe Horn. Die Wirkstoffe der drei Pestizide von Bayer und Syngenta schädigten Bienen bereits in geringsten Konzentrationen.
Die Schweizer Regierung müsse jetzt aus ihrer Starre erwachen und diese drei sowie weitere bienengiftige Pestizide sofort verbieten, heisst es auch in der Greenpeace Mitteilung. Die Regierung müsse die Bienen umfassend schützen, nicht die Interessen von Agrar-Konzernen.
Wissenschaftlichkeit der Daten angezweifelt
Der Agrochemiekonzern Syngenta reagiert mit Unverständnis und kritisiert den Entscheid der EU-Kommission zum vorübergehenden Verbot von bestimmten Pestiziden. Der Entscheid basiere auf wissenschaftlich mageren Grundlagen und ignoriere Beweise, dass die Bienen durch die besagten Produkte keine gesundheitlichen Schäden erleiden.
«Die Kommission sollte nun besser die Gelegenheit nutzen, die echten Gründe für den schlechten Gesundheitszustand der Bienen zu ergründen», so Mediensprecher Daniel Braxton in einer ersten Reaktion. Das Bienensterben sei verursacht durch Viren, durch Verlust von Lebensräumen und schlechter Ernährung, schreibt Braxton weiter.
Auch Nadine Degen vom Schweizer Bauernverband ist über die Suspendierung nicht sehr glücklich. «Es gibt im Moment keine wissenschaftlichen Daten, die belegen, dass diese Pflanzenschutzmittel mit dem Bienensterben in Verbindung gebracht werden können.» Bisher habe man auch auf das Zulassungsverfahren vom Bundesamt für Landwirtschaft vertrauen können. Es gäbe zudem Gebiete in welchen es für die Landwirte durch das Verbot zu gravierenden Einschnitten kommen könnte.
Schweiz soll eigenständig entscheiden
Auch der Wirtschaftsverband Scienceindustries zeigte sich überrascht und empört zugleich, zumal das BLW ein allfälliges EU-Verbot schon im Herbst 2013 vollziehen wolle, obschon die EU dies erst auf den 1. Dezember 2013 plant.
«Für die Industrie ist unverständlich, dass die Schweizer Behörden einen allfälligen EU-Entscheid vorziehen, statt wie bisher angekündigt kritisch zu beurteilen», schreibt Beat Moser, Direktor von Scienceindustries. «Die Schweiz soll eigenständig entscheiden, was zu tun ist», so Moser weiter. Für ein Verbot fehlten zum heutigen Zeitpunkt die wissenschaftlichen Grundlagen.
Seit Jahrzehnten nimmt weltweit die Bienenpopulation ab. Die Insekten spielen eine wichtige Rolle bei der Befruchtung von Pflanzen und damit auch für die Landwirtschaft. Eine UNO-Studie aus dem Jahr 2011 geht davon aus, dass Bienen zusammen mit anderen Blütenbestäubern wie Vögel, Käfer oder Schmetterlinge eine Arbeit im Wert von 153 Milliarden Euro verrichten.