Pharmabranche und Ärzte werden oft verdächtigt, über finanzielle Begünstigungen verbandelt zu sein. Der freiwillige Kooperations-Kodex soll dieses Bild korrigieren. Pharmaunternehmen, die ihn unterzeichnen, müssen im Internet veröffentlichen, wie viel sie an Ärzte, Apotheker, Spitäler und Forschungsinstitute bezahlen.
«Das Ziel ist die Schaffung einer Vertrauensbasis zwischen der Öffentlichkeit und den Stakeholdern in diesem Markt», sagt Jürg Granwehr, der Leiter des Bereichs Pharma beim Verband scienceindustries.
Trend aus den USA
Mehr Vertrauen dank mehr Transparenz: Aus Sicht der Patienten sei das ein Schritt in die richtige Richtung, sagt Annemarie Bollier von der schweizerischen Patientenorganisation SPO. «Im Gesundheitswesen sind Milliarden im Spiel. Ich begrüsse es, wenn gewisse Akteure dieses Sektors etwas unternehmen.»
Pharmafirmen seien in der Vergangenheit zum Teil mit korrupten Mitteln auf Ärzte losgegangen. Es gab verschiedene Skandale – nicht in der Schweiz – aber in Europa und den USA. Von dort stammt denn auch der Trend zu mehr Transparenz.
Transparenz ist freiwillig
Mitmachen beim Schweizer Kodex ist für die Pharmafirmen und auch für die Ärzte freiwillig. Jürg Schlueb, der Präsident der Verbindung Schweizer Ärztinnen und Ärzte ist aber überzeugt, dass ein Grossteil der Mediziner dabei sein wird. «Transparenz ist aus unserer Sicht sehr wichtig, weil die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Industrie zu Interessenskonflikten und Abhängigkeiten führen kann. Es ist wichtig, dass diese offengelegt werden.»
Dass die Unterzeichnung des Kodex freiwillig sei, kritisiert Bollier von der Patientenorganisation. Gerade die schwarzen Schafe, die mit den Pharmafirmen eng verbandelt seien, könnten sich so vor den neuen Regeln drücken.
Medikamente statt Vorträge
Der Kodex habe aber noch einen weiteren grossen Haken. Der Medikamentenverkauf ist vom Kodex ausgeschlossen und muss auch in Zukunft nicht offengelegt werden. Bollier befürchtet, dass Geld, das von der Pharmafirma zum Arzt fliesst, dann einfach als Medikamentenabgabe deklariert wird: «Anstatt 500 Franken für einen Vortrag gibt man dem Arzt dann zehn Schachteln Medikamente à 50 Franken pro Schachtel.»
Da könne man nicht von Transparenz sprechen. Weiterhin unklar sei auch, wie viel Rabatt ein Arzt auf ein bestimmtes Medikament erhalte. Granwehr von scienceindustries sagt dazu: «In diesen Markt dürfen wir wegen wettbewerbsrechtlichen Vorgaben nicht eingreifen.» Die Frage, ob Medikamentenpreise und Rabatte offengelegt werden sollen, müsse auf anderem Weg geregelt werden. Das sei nicht Sache der Selbstregulierung.
Für die Patienten bleibt somit auch in Zukunft unklar, wie viel Geld ein Arzt mit einem Medikament verdient. Ab 2016 können sie aber auf der Homepage der Pharmafirma zumindest sehen, welcher Betrag direkt vom Unternehmen zum Arzt fliesst – sofern denn Pharmafirma und Arzt beim neuen Kodex mitmachen.