Die Angst vor der Lockerung des Bankgeheimnisses treibt die Zahl der Selbstanzeigen in die Höhe. Mehrere Kantone vermelden fürs vergangene Jahr Rekordzahlen. Mancherorts meldeten sich so viele reuige Steuersünder wie noch nie seit der Einführung der Mini-Steueramnestie im Jahr 2010.
Zehn Kantone verzeichnen neue Höchstzahlen. Es sind dies Solothurn (2013: 286; Vorjahr: 215), Bern (650; 460), Zug (118; 85), Schwyz (166; 106), Neuenburg (137; 80), Freiburg (101; 69), das Wallis (110; 84) und das Tessin (225; 173).
In Genf hat sich die Zahl der Selbstanzeigen im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Auch hier wurde mit 498 Anzeigen der höchste Wert seit 2010 festgestellt. Obwalden erreicht mit 29 Anzeigen einen Höchststand auf tiefem Niveau.
Steuerhinterzieher fürchten Gesetzesänderung
Mehrere Steuerämter liefern die gleichen Erklärungen für den Anstieg der Selbstanzeigen: Das Thema Steuerhinterziehung habe derzeit eine starke Präsenz in den Medien. Und Steuerhinterzieher hätten wohl Angst davor, dass das Bankgeheimnis weiter gelockert werde und ihre unversteuerten Gelder den Behörden bekannt werden.
Peter Hegglin, Präsident der Finanzdirektorenkonferenz, nennt als weiteren Grund einen Mentalitätswandel. «Früher wurde Schwarzgeld als Kavaliersdelikt angesehen, heute wird Steuerehrlichkeit immer wichtiger.»
Das habe auch mit einem Generationenwechsel zu tun. Jüngere hätten nicht mehr die Erfahrung gemacht, dass der Staat plötzlich Eigentum einkassieren könnte. Sie würden deshalb weniger «Geld unter dem Kopfkissen horten». Zudem werde es immer schwieriger, mit Schwarzgeld ein Haus oder ein teures Auto zu kaufen.
Einmal im Leben ist Selbstanzeige möglich
Die Möglichkeit der straflosen Selbstanzeige war 2010 eingeführt worden: Einmal im Leben können sich Steuerhinterzieher selbst anzeigen, ohne eine Strafe fürchten zu müssen. Sie müssen allerdings die Steuern für die vergangenen zehn Jahre inklusive Verzugszins nachzahlen.
Auch Erben müssen mit keiner Busse rechnen, wenn sie ihnen vermachtes Schwarzgeld später offen legen. Sie müssen aber ebenfalls Nachsteuern bezahlen.
Hohe Nachsteuern werden fällig
Bund, Kantone und Gemeinden können also mit hohen Zusatzeinnahmen bei den Steuern rechnen. Insgesamt dürfte sich die Summe der Nachsteuern auf weit über 200 Millionen Franken belaufen. Eine genaue Angabe ist zurzeit nicht möglich, da noch nicht alle Kantone ihre Zahlen bekannt gegeben haben.
Allein der Kanton Zürich rechnet mit Nachsteuern von 42 Millionen Franken für Gemeinden und Kanton. Weitere 10 Millionen gehen an den Bund. Der Kanton Genf kassiert rund 44 Millionen zusätzlich. In Bern sind es fast 29 Millionen plus 5,4 Millionen für die direkte Bundessteuer. In Neuenburg hat sich die Höhe der Nachsteuer im Vorjahresvergleich von 3 auf 12 Millionen Franken vervierfacht.
25 Millionen Schwarzgeld in einem Fall
Einen besonders grossen Brocken Schwarzgeld hat eine Person im Kanton Schwyz gemeldet. Sie hatte 25 Millionen Franken nicht korrekt versteuert. Auch in Luzern muss ein Steuersünder nach der Selbstanzeige tief in die Tasche greifen: Die Person muss 800'000 Franken Steuern nachzahlen.
Drei weitere grosse Fälle gaben die Steuerämter aus Bern und Basel-Landschaft bekannt. Ein Berner hatte 12,4 Millionen Franken Schwarzgeld gehortet. Zwei Baselbieter hatten Vermögen von rund 12 respektive 13 Millionen Franken vor dem Fiskus versteckt.
Stabile Zahlen in kleinen Kantonen
Nicht überall ist allerdings die Zahl der Selbstanzeigen in die Höhe geschnellt. Einige kleine Kantone vermelden stabile Zahlen. So sind in den Kantonen Schaffhausen, Nidwalden, Obwalden, Uri, Glarus und Basel-Stadt in etwa gleich viele Selbstanzeigen eingegangen wie im Vorjahr.
Ein gesamtschweizerischer Vergleich mit den Vorjahreszahlen ist nur bedingt möglich, da noch nicht alle Kantone ihre Zahlen bekannt gegeben haben. Bisher gemeldet wurden schweizweit fast 5000 Selbstanzeigen.