So reizend formuliert beginnt ein Stelleninserat: «Die Gemeinde Spiez liegt am Südufer des Thunersees in der schönsten Bucht Europas.»
So sucht die kleine Stadt im Berner Oberland eine Leiterin oder einen Leiter für die Abteilung Soziales. Und verspricht: «Unsere 40 Mitarbeitenden verantworten ihre Aufgaben mit Herzblut und werden sich zusammen mit ihnen für die gut implementierte und gut positionierte Abteilung Soziales engagieren.»
Klingt gut!
Aber die Aussichten, rasch jemand Passendes zu finden, seien trüb, sagt der Spiezer Gemeindepräsident Franz Arnold: «Der Arbeitsmarkt ist in diesem Bereich nicht nur ausgetrocknet, sondern regelrecht verwüstet. Eine geeignete Fachkraft zu finden, ist ein schwieriges Unterfangen.»
Vor allem kleine Dörfer leiden
Kadermangel ist ein Problem für die Gemeinden
Arnold ist mit dieser Sorge nicht allein. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass eine Gemeinde im Kanton Bern per Inserat nach einer Fachkraft Ausschau hält. Häufig sind es kleinere Dörfer, wie beispielsweise Toffen im Gürbetal, das lange einen Bauverwalter suchte. «Wir haben die Stelle im letzten Vierteljahr gleich zwei Mal ausgeschrieben», sagt Gemeindepräsidentin Ruth Rohr.
Gut drei Jahre lang gab es in Toffen keine richtige Anlaufstelle für Bau- und Planungsfragen – eine grosse Herausforderung für die Angestellten der Gemeindeverwaltung. «Wir mussten die anfallenden Arbeiten auf die vorhandenen Leute verteilen», sagt Rohr. Die Verwaltung sei stark belastet gewesen.
Allseits Begehrlichkeiten
Die Hilferufe landen unter anderem auf dem Tisch der Geschäftsführerin des Berner Verbands für Gemeindekader – bei Monika Gerber.
Man sei dran, nach Lösungen zu suchen, versichert sie. Doch die Ursachen, warum Gemeindeschreiber, Bau- oder Finanzverwalter keine attraktiven Jobs mehr sind, seien vielschichtig, sagt sie. Zum Beispiel der nur schwer erfüllbare Wunsch nach Teilzeitarbeit: «Gerade das Gemeindekader muss für das eigene Team, für den Bürger und am Abend auch für die Behörden greifbar sein.» Das sei kaum unter einen Hut zu kriegen.
Auch sei das Ansehen der Leute im Gemeindehaus gesunken, sagt Gerber. «Früher war der Gemeindeschreiber zusammen mit dem Lehrer und dem Pfarrer die Respektsperson im Dorf.» Jetzt aber werde das Klima rauer, die Angriffe auf die Gemeindekader würden härter und persönlicher: «Das ist für unseren Beruf keine gute Entwicklung.»
Nur schon der Begriff «Politik» löst viele negative Assoziationen aus.
Und was liegt dieser Misere zu Grunde? Das schlechte Image der Politik, glaubt der Spiezer Gemeindepräsident Franz Arnold: «Nur schon der Begriff Politik löst viele negative Assoziationen aus. Es ist schwierig, das irgendwie positiv zu besetzen.» Auch müsse man etwas aushalten können – in diesem Spannungsfeld zwischen Politik und dem einzelnen Bürger.
Ein Imageproblem, ein tiefer Lohn, hohe Anforderungen. Was also müssten die Gemeinden tun, damit das dennoch genügend Berufsleute wollen?
Schon den Lehrling zur Karriere animieren
Für Arnold ist klar: «Man muss der Aus- und Weiterbildung von Gemeindefachleuten und Gemeindekader eine viel grössere Bedeutung zumessen.» Und das bedeute, berufliche Perspektiven bieten, sagt Amtskollegion Ruth Rohr, «mit einer Ausbildungsstruktur, die aufbauend ermöglicht, zusätzliche oder andere Funktionen zu übernehmen.» Um so schon den Lehrling für eine Karriere zum Bauverwalter zu motiveren.
Der für die Ausbildung zuständige Verband handelt, um die guten Leute nicht zu verlieren. So brauche es zum Einstieg in die Fachausbildungs-Lehrgängekünftig keine Berufserfahrung mehr, sagt Monika Gerber vom Verband der Gemeindekader. Ziel sei, «dass auch junge Leute ohne Berufserfahrung sehr schnell eine Weiterbildung absolvieren können, damit sie nach der Ausbildung nicht in die Privatwirtschaft wechseln.»
Klar ist allen: Fachleute auf der Gemeindeverwaltung sind unerlässlich. Denn ohne sie steht das Dorf praktisch still.