Die Aktion der Anti-Terror-Fahnder von letzter Woche betrifft mutmassliche Mitglieder eines Terror-Netzwerkes namens «Rawti Shax», welches über ganz Europa vernetzt sein soll. Die Verdächtigten befinden sich in den Ländern Deutschland, Grossbritannien, Finnland, Italien, Griechenland, Schweiz, Norwegen, Irak, Iran und Syrien.
«10vor10» liegen exklusiv die italienischen Ermittlungsakten vor: Die beiden Verdächtigten in der Schweiz sind zwei kurdische Iraker. Einer der Verdächtigten ist in der Zentralschweiz wohnhaft, der andere hat eine Adresse in der Nordwestschweiz. Allerdings hält sich dieser höchstwahrscheinlich zurzeit in Syrien auf.
Waffen und Gelder für Terrororganisation
Den beiden Irakern wird vorgeworfen, dass sie Gelder und Waffen für terroristische Organisationen beschafft haben sollen. Zudem sollen sie die Rekrutierung und die Reisevorbereitungen von Dschihadreisenden in Kriegsgebiete unterstützt haben. Die Bundesanwaltschaft bestätigt gegenüber «10vor10», dass es eine Hausdurchsuchung und eine Einvernahme des mutmasslichen Terroristen in der Zentralschweiz gegeben hat. Doch sie liessen ihn wieder laufen.
Italienischer Staatsanwalt kritisiert die Schweiz
Zum Ärger der italienischen Behörden: «Wenn wir Ermittlungserkenntnisse an unsere Kollegen weiterleiten, Personen als gefährlich melden – diese Informationen aber nicht mit dem nötigen Ernst behandelt werden – dann funktioniert unser System der Zusammenarbeit nicht», sagt der zuständige Oberstaatsanwalt Giuseppe Amato gegenüber «10vor10».
Doch André Marty, Sprecher der Bundesanwaltschaft (BA) erklärt: «Da es kein Schweizer Strafverfahren gegen diese Person gibt und da diese Person ausschliesslich im italienischen Strafverfahren als Beschuldigter geführt wird, hat es für die Schweiz keine Veranlassung gegeben, diese Person in Untersuchungshaft zu nehmen.»
Aus dem Umfeld von Mullah Krekar
Weiter hält Marty fest, die BA habe bereits im Sommer 2015 mit Unterstützung der Bundeskriminalpolizei den Sachverhalt auf einen allfälligen genügenden Tatverdacht überprüft, um nötigenfalls ein Strafverfahren in der Schweiz zu eröffnen. «Da dies nicht gegeben war, wurde besagte Person rechtshilfeweise einvernommen, und eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Bis heute haben die italienischen Behörden keine Auslieferung der im italienischen Strafverfahren beschuldigten Person beantragt.»
Das zeige, so Marty, dass «die Schweizer Strafverfolgungsbehörden mutmassliche Straftäter im Bereich des islamistisch-dschihadistisch motivierten Terrorismus mit aller Härte, basierend auf rechtsstaatlichen Prinzipien verfolgen».
Die von Italien verdächtigen Personen gehören zum Umfeld des islamistischen Ideologen Mullah Krekar. Dieser ist in Norwegen inhaftiert. Bereits 2014 waren in der Schweiz zwei seiner angeblichen Unterstützer von der BA angeklagt worden. Das Bundesstrafgericht hat die zwei Personen erstinstanzlich verurteilt, die Beschuldigten haben gegen das Urteil rekurriert.