Insgesamt 25'000 Schweizer Katholiken haben sich bei der sogenannten Pastoralumfrage beteiligt. Mit den Rückmeldungen der Basis will Rom den verlorengegangenen Kontakt zu den Gläubigen wiederherstellen.
Diese Ergebnisse der Umfrage wurden heute von der Bischofskonferenz vorgestellt. Die Idee zu dieser Umfrage kommt von ganz oben: Papst Franziskus selbst wollte wissen, wie Katholiken zu Themen wie Familie, Partnerschaft und Sexualmoral denken.
Kritik an kirchlicher Lehre
Der Wunsch nach einer christlichen Erziehung der Kinder bildet den höchsten Zustimmungswert der gesamten Umfrage (97 Prozent). Auch die kirchliche Eheschliessung ist den Befragten wichtig. 80 Prozent gaben an, die eigene Paarbeziehung religiös gestalten zu wollen.
Die grundsätzliche Offenheit für Religion und Glaube gehe nicht mit einer kritiklosen Zustimmung zur Lehre über die Familie, Ehe und Sexualität einher, heisst es von der Bischofskonferenz.
Einstimmiges Unverständnis herrscht vor allem in der Haltung der Kirche gegenüber Wiederverheirateten. Diese nicht zu den Sakramenten zuzulassen, wird als unchristlich und unbarmherzig empfunden. Die überwiegende Mehrheit (90 Prozent) teilt den Wunsch nach einer kirchlichen Anerkennung und Segnung dieser Partnerschaften.
Dauerthema Homoehen und Verhütung
Eine Mehrheit von rund 60 Prozent unterstützt den Wunsch nach einer kirchlichen Anerkennung und Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Anders als bei der Frage der geschiedenen Wiederverheirateten gibt es hier aber keinen Konsens, sondern eher eine Polarisierung. Der klaren Zustimmung zu diesem Thema steht eine ebenso entschiedene Minderheit gegenüber, die Homoehen ablehnt.
Die Antworten auf die Frage nach künstlichen oder natürlichen Verhütungsmethoden zeigen die Differenz zwischen Lehre und Praxis. Das lehramtliche Verbot der künstlichen Methoden der Schwangerschaftsverhütung steht fernab zur Auffassung der allermeisten Katholiken, die diese Art der Verhütung gutheissen.
Dringender Handlungsbedarf
Setze man diese kirchenkritischen Ergebnisse mit dem grundsätzlichen Wunsch zu einer kirchlich-religiös geprägten Partnerschaft, Ehe und Familie ins Verhältnis, zeige sich eine dringende Notwendigkeit, den Status der kirchlichen Lehre neu zu bewerten, heisst es von der Seite der Bischofskonferenz. Die Forderungen der Kirche, nach denen die Gläubigen unbedingten und kritiklosen Gehorsam leisten sollen, würden der Kirche schaden.
Misstrauen gegenüber Rom
«Nun schauen wir wieder gerne nach Rom», sagt Markus Heil gegenüber Radio SRF. Er ist Seelsorger in Balsthal und Sprecher der Schweizer Pfarreiinitiative, die sich für eine offenere und tolerantere Kirche engagiert. Dass die Gläubigen nach ihrer Meinung gefragt werden, sei ein spannender Schritt in eine hervorragende Richtung.
Aber: «In unserer Schweizer Kirche ist vom frischen Wind aber noch sehr wenig zu spüren. Die alten Verhaltensmuster der katholischen Kirche sind immer noch sehr dominant», meint Heil. Ausserdem ist der neue Stil der Kirche ungewohnt. «Wir trauen der Sache noch nicht.» Es gelte abzuwarten, was die Kirche schlussendlich mit den Ergebnissen der Umfrage macht.